Frau Pilz-Hönig, was kann der Erblasser tun, wenn er fürchtet, dass es Streit geben wird?
Erblasser können mit einer Testamentsvollstreckung ihren Nachlass sichern und dessen Abwicklung vereinfachen.
Wann genau raten Sie dazu?
Ich rate dazu, wenn man den Nachlass vor ungeeigneten oder geschäftsunerfahrenen Erben schützen möchte, insbesondere aber bei minderjährigen oder behinderten Erben. Zu empfehlen ist sie immer, wenn zu befürchten ist, dass es Streit geben könnte, wie zum Beispiel bei Firmenbeteiligungen, Unternehmensnachfolgen oder Grundbesitz. Aber auch eine große Zahl von Erben könnte Anlass sein. Die Testamentsvollstreckung verhindert, dass Gläubiger Zugriff auf den Nachlass bekommen, wenn Erben verschuldet sind.
In welchen Fällen raten sie davon ab?
Bei klaren und unstreitigen Verhältnissen, wie zum Beispiel, wenn man jemanden zum Alleinerben einsetzt oder klar definiert, wer was bekommen soll.
Wie weit reichen die Befugnisse des Testamentsvollstreckers?
Der Testamentsvollstrecker hat eine starke Stellung. Es handelt sich um ein privates Amt, das ihm der Erblasser durch letztwillige Verfügung übertragen hat. Der Testamentsvollstrecker vollzieht also den letzten Willen des Verstorbenen. Die Testamentsvollstreckung ändert nichts an der Erbenstellung, schränkt aber die Befugnisse der Erben über ihr Erbe zu verfügen ein und zwar bis zum Ende der Testamentsvollstreckung.
Was genau sind seine Aufgaben?
In der Regel muss der Testamentsvollstrecker den Nachlass abwickeln. Dabei nimmt er dessen Bestand auf und führt vom Erblasser gewünschte Vermächtnisse und Auflagen aus. Er erfüllt auch die Nachlassverbindlichkeiten. Möglich ist auch die Vollstreckung über einen längeren Zeitraum, die Dauertestamentsvollstreckung, zum Beispiel bei minderjährigen Erben bis zum Erreichen der Volljährigkeit.
SÜDKURIER-Serie "Erben und Vererben": Wann ist ein Testament sinnvoll? Was ist ein Erbvertrag? Wie verhindert man Streit unter Hinterbliebenen? Hier finden Sie die Antworten auf einen Blick.
Worin können solche Nachlassverbindlichkeiten bestehen?
Das können Schulden des Erblassers sein, beispielsweise noch bestehende Darlehen, Pflichtteilsansprüche und Vermächtnisse, ebenso wie Erbfallkosten, die erst durch den Erbfall selbst eintreten, wie Bestattungskosten.
Testamentsvollstrecker können Verwandte oder Freunde des Erblassers sein, aber auch ein Rechtsanwalt. Was muss ich bei der Auswahl beachten?
Grundsätzlich kann jede Person Testamentsvollstrecker werden. Der Erblasser kann aussuchen, wen er will. Wichtig ist, eine Vertrauensperson zu wählen. Ich rate aber ab, Miterben auszuwählen, da diese häufig auch subjektive Interessen verfolgen. Es ist sinnvoll, eine juristisch oder zumindest geschäftserfahrene Person einzusetzen, da viele rechtliche Dinge zu beachten sind.
Nehmen wir an, ein Freund des Toten möchte das Amt nicht übernehmen.
Er kann frei entscheiden, ob er es annimmt.
Wie gehe ich als Erblasser vor?
Die Benennung des Testamentsvollstreckers setzt die Anordnung der Testamentsvollstreckung voraus. Dies kann ich nur in einer "Letztwilligen Verfügung", also in einem Testament oder Erbvertrag tun. Dort müsste stehen: "Es wird Testamentsvollstreckung angeordnet, zum Testamentsvollstrecker bestimme ich..."
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