Deutschland ist ein reiches Land, nie ging es den Menschen so gut wie heute. Das schlägt auch auf die Erbschaften durch. Die Höhe der jährlich vererbten Vermögen wächst ständig. Viele Ältere können sich sagen: Meinen Kindern geht es bereits sehr gut, warum sollen sie meinen gesamten Nachlass erhalten? Kann ich nicht auch eine gemeinnützige Organisation unterstützen, die in Deutschland oder irgendwo auf der Welt etwas Gutes tut? Wer sich das fragt, dem kann mittlerweile gut geholfen werden. Auch Leute, die keine Nachkommen haben, sind mit ihren Wünschen hier bestens aufgehoben. Wir erklären, was getan werden kann:
- So ist der Rechtsrahmen: Grundsätzlich kann jede gemeinnützige Organisation als Erbe von privatem Vermögen testamentarisch bedacht werden. Aber man kann Vermögen – Geld oder Immobilien – einer Organisation auch in Form einer Schenkung zukommen lassen. Das ist für den Empfänger steuerfrei, doch muss das zu Lebzeiten geregelt und notariell festgehalten werden.
- Mögliche Empfänger: Hier sind Erblasser und Schenker in ihrem Willen völlig frei. Menschen mit kirchlicher Bindung geben Vermögen gerne an die großen Kirchen – etwa die Caritas (katholische Kirche) oder die Diakonie (evangelische Kirche). Man kann festlegen, dass das Geld für ganz bestimmte Projekte eingesetzt wird. So sagt Andreas Hoffman vom Caritasverband Konstanz auf Anfrage: „Wir nutzen solche Erbschaften, um neue Projekte ermöglichen zu können. So war der Bau des Hauses Don Bosco nur mit einer größeren Erbschaft möglich, die vor vielen Jahren den Grundstock dafür geschaffen hat.“ Häufig bedacht wird der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der einen Großteil seiner Arbeit durch Spenden finanziert. Der Volksbund hat 2017 aus Erbschaften und Schenkungen rund 8,9 Millionen Euro erhalten. Auch SOS-Kinderdörfer werden häufig von Erblassern und Schenkern bedacht.
SÜDKURIER-Serie "Erben und Vererben": Wann ist ein Testament sinnvoll? Was ist ein Erbvertrag? Wie verhindert man Streit unter Hinterbliebenen? Hier finden Sie die Antworten auf einen Blick.
- Breitere Auswahl: Wer sich nicht sicher ist, welcher gemeinnützigen Organisation oder Stiftung er etwas hinterlassen kann, sollte sich bei der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum" (www.mein-erbe-tut-gutes) informieren. Unter dem Dach dieser Initiative haben sich 23 deutsche Organisationen zusammengetan, denn das gemeinnützige Schenken ist in den vergangenen Jahren immer populärer geworden. „Die mittlerweile in Deutschland angehäuften Vermögen lassen es zu, zu teilen und nicht mehr nur Familienmitgliedern etwas zu hinterlassen“, sagt Susanne Anger, Sprecherin der Initiative. So würden in Baden-Württemberg in einer Erbschaft in Durchschnitt 168.000 Euro an zwei Erben bzw. Kinder hinterlassen, so Anger. In Bayern sind es 176.000 Euro. 2002 erhielten Organisationen mit Spendensiegel 76 Millionen Euro aus Erbschaften, 2012 waren es bereits 165 Millionen Euro. Die Verbände, die in „Mein Erbe tut Gutes“ zusammenarbeiten, erhielten 2005 rund 46 Millionen Euro, 2015 waren es schon 78 Millionen Euro. Zu diesen Organisationen gehören Greenpeace, die Deutsche Herzstiftung, der Nabu, die Johanniter, die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Euronatur und die SOS Kinderdörfer. Alle Verbände bieten umfangreiche Beratung und Betreuung für diejenigen Schenker an, die ihnen etwas hinterlassen wollen. Man kann sogar notariell festlegen, dass sich die beschenkte Organisation eines Tages um die Grabpflege kümmert.
SÜDKURIER-Veranstaltung: Das SÜDKURIER-Medienhaus veranstaltet am Mittwoch, 11. April, 19.30 Uhr, im Milchwerk in Radolfzell eine Vortragsveranstaltung zum Thema "Erbrecht auf den Punkt gebracht". Eintritt 9 Euro. SÜDKURIER-Abonnenten zahlen 6 Euro. Hier können Sie sich anmelden.