Beate Schierle/Jörg-Peter Rau

Wenn ein Verwandter stirbt, steht meist die Trauer über den Verlust im Vordergrund. Doch beim Erben geht es oft auch um Immobilien und Vermögen, die durch den Tod des Erblassers den Besitzer wechseln. Vielen sind die Fachbegriffe ein Rätsel. Wir erklären systematisch, was nach einem Todesfall passiert.

Ein Mensch stirbt: Wenn ein Mensch verstorben ist, melden die Hinterbliebenen den Todesfall dem Standesamt. Dieses unterrichtet das zuständige Nachlassgericht. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Verstorbene zuletzt gewohnt hat. Das Nachlassgericht wird für gewöhnlich innerhalb weniger Tage nach dem Tod des Erblassers vom Standesamt informiert.

Eröffnung: Das zuständige Nachlassgericht "eröffnet" dann das Testament, wenn es in seinem Besitz ist. Das ist nur möglich, wen es vom Erblasser dort in Verwahrung gegeben wurde. Jedermann, der ein Testament in Besitz hat, muss dieses beim Nachlassgericht abliefern. Es gibt selten einen wirklichen Eröffnungstermin, wie man es aus Filmen kennt, zu dem die möglichen Erben geladen werden. Meist nimmt das Gericht Kenntnis vom Inhalt und informiert alle potenziellen Erben schriftlich, die im Testament genannt werden.

 

SÜDKURIER-Serie "Erben und Vererben": Wann ist ein Testament sinnvoll? Was ist ein Erbvertrag? Wie verhindert man Streit unter Hinterbliebenen? Hier finden Sie die Antworten auf einen Blick. 

 

Nachlassgericht statt Notar: In Baden-Württemberg wurden die Zuständigkeiten zum neuen Jahr verändert. In Erbsachen geht man daher nicht mehr zum Notar, sondern zum Nachlassgericht. Wenn Sie Fragen haben, können Sie zunächst das nächste Amtsgericht kontaktieren. Die Nachlassgerichte sind bei den Familiengerichten angesiedelt; die Zuständigkeiten entsprechen nicht immer den Kreisgrenzen. Man sollte vor Besuchen immer telefonisch einen Termin vereinbaren, denn die Gerichte sind nicht auf Laufkundschaft eingerichtet. Das zuständige Gericht findet man zum Beispiel hier. Informationen zur Notariatsreform gibt es hier.

Wie wird man Erbe? Streng genommen ist der Erbberechtigte in der Sekunde des Todes des Erblassers Erbe. Man wird nicht etwa Erbe dadurch, dass man einen Erbschein hat. Nur muss man seine Erbenstellung in der Regel eben nachweisen. 

Erbschein oder nicht? Viele meinen, dass man immer einen Erbschein braucht. Das ist nicht so! Ein Erbschein ist nicht nötig, wenn keine Immobilien oder Grundstücke zu vererben sind, wie Anton Bernhard Hilbert, Fachanwalt für Erbrecht aus Waldshut-Tiengen, betont. Für Geldvermögen reicht eine Bankvollmacht über den Tod hinaus. Viele Banken haben dafür eigene Formulare. Erkundigen Sie sich rechtzeitig. Erbscheine können vier- bis fünfstellige Kosten verursachen.

Erbschein: Zum Nachweis des Erbrechts braucht man in der Regel einen Erbschein, aber eben nicht immer. Es gibt auch Teilerbscheine. Wenn ein Testament/Erbvertrag existiert, braucht man zur Ausstellung des Erbscheins den Personalausweis, die Originale noch nicht eröffneter privatschriftlicher Testamente und die Sterbeurkunde des Erblassers/der Erblasserin. Existiert kein Testament, muss das Verwandtschaftsverhältnis nachgewiesen werden. Die Unterlagen müssen im Original oder in beglaubigter Abschrift vorliegen.

Erbe ausschlagen: Wenn Sie vom Nachlassgericht angeschrieben werden und ein Erbe ausschlagen möchten, gehen Sie zum nächstgelegenen Nachlassgericht. Es muss nicht das Nachlassgericht am Wohnort des Erblassers sein. Sie müssen das Erbe persönlich ausschlagen. Das wird dann so zur Niederschrift angenommen. Ein telefonisches Ausschlagen ist nicht möglich. Wer unter 18 ist, kann kein Erbe ablehnen. Das müssen dann die gesetzlichen Vertreter tun – meist die Eltern.

Was es kostet: Wenn Notare oder Gerichte tätig werden, kostet das Gebühren. Bei Erbsachen ist das vom Vermögen abhängig, das vererbt wird. Für einen Erbschein für einen Nachlasswert von bis zu 5000 Euro werden zum Beispiel 90 Euro an Gebühren fällig, bei 50.000 Euro sind es 330 Euro, bei 110.000 Euro 546 Euro, bei 1 Million Euro 3470 Euro.

 

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SÜDKURIER-Veranstaltung: Das SÜDKURIER-Medienhaus veranstaltet am Mittwoch, 11. April, 19.30 Uhr, im Milchwerk in Radolfzell eine Vortragsveranstaltung zum Thema "Erbrecht auf den Punkt gebracht". Eintritt 9 Euro. SÜDKURIER-Abonnenten zahlen 6 Euro. Hier können Sie sich anmelden.