Die US-Regierung schließt nicht mehr aus, dass das Virus entgegen der Darstellung Pekings durch einen Laborunfall in die Außenwelt geriet. Auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte am Sonntag eine lückenlose Aufklärung von Peking. Was über das Wuhan-Institut für Virologie bekannt ist:

Die größte Virusbank Asiens

Das Wuhan Institut für Virologie ist Standort der größten Virusbank Asiens, es ist das chinesische Zentrum für die Sammlung von Viruskulturen. Mehr als 1500 verschiedene Erregerstämme sind laut der Instituts-Website dort vorhanden.

Das 2015 vollendete und 2018 eröffnete Zentrum ist das erste Bioforschungslabor der höchsten Sicherheitsstufe in ganz Asien. In solchen Laboren dürfen hochansteckende Krankheitserreger der Klasse vier – etwa Ebola-Viren – aufbewahrt werden.

Das 3000 Quadratmeter große Labor liegt inmitten eines gewaltigen Komplexes außerhalb von Wuhan. Wie AFP-Reporter berichteten, hängt derzeit ein großes Banner an dem Gebäude mit den Worten: „Starke Prävention und Kontrolle. Keine Panik. Hören Sie auf die offiziellen Ansagen. Glauben Sie an die Wissenschaft. Verbreiten Sie keine Gerüchte.“

Die Vorwürfe der USA

Nach Informationen der „Washington Post„ und von „Fox News„ hegen US-Sicherheitskreise den Verdacht, dass das neuartige Coronavirus aus dem Forschungslabor stammen und von dort versehentlich in die Außenwelt getragen worden sein könnte. Laut „Washington Post„ wiesen US-Diplomaten in Peking das US-Außenministerium auf unzureichende Sicherheitsstandards in dem Labor bei der Erforschung von Sars-ähnlichen Coronaviren aus Fledermäusen hin. Laut „Fox News„ besteht der Verdacht, dass der Patient Null in China ein Mitarbeiter des Forschungslabors sein könnte, der sich bei der Arbeit versehentlich mit dem Virus infizierte.

Auf den Verdacht gegen das Forschungslabor angesprochen, sagte US-Präsident Donald Trump, diese „Geschichte“ sei „immer häufiger“ zu hören. Er kündigte eine „sehr gründliche Untersuchung“ der USA an.

Die Darstellung des Bio-Labors

Der Laborleiter des Instituts für Virologie, Yuan Zhiming, wies die US-Vorwürfe am Samstag zurück. Keiner seiner Mitarbeiter habe sich infiziert, sagte er dem Staatssender CGTN. Die Berichte in US-Medien beruhten auf „Spekulationen“.

Zuvor hatte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, die Vorwürfe als Ablenkungsmanöver bezeichnet. Die Labor-Theorie diene lediglich dem Zweck, „Verwirrung zu stiften“ und „sich vor der eigenen Verantwortung zu drücken“, sagte Zhao, der in den vergangenen Wochen die Theorie verbreitete, die US-Armee könne das Virus nach China eingeschleppt haben.

Nach Angaben des Instituts erhielten die Laboranten in Wuhan erstmals am 30. Dezember Proben des noch unbekannten Virus. Am 2. Januar sei das Genom entschlüsselt worden, neun Tage später hätten die Forscher alle Informationen zu dem Krankheitserreger der Weltgesundheitsorganisation (WHO) übergeben.

Was über Sars-Cov-2 bekannt ist

Forscher gehen davon aus, dass Sars-Cov-2 von Fledermäusen stammt und sich über eine Zwischen-Spezies auf den Menschen übertragen hat. Demnach könnte es sich bei der Zwischenspezies um das Schuppentier handeln, das auf chinesischen Wildtiermärkten illegal verkauft wird.

Einer bereits im Januar veröffentlichten Studie chinesischer Wissenschaftler zufolge gab es jedoch zwischen dem ersten bekannten Coronavirus-Patienten aus Wuhan und dem berüchtigten Wildtiermarkt der Stadt keine Verbindung.

Die stellvertretende Leiterin des Wuhaner Virus-Forschungslabors, Shi Zhengli, gehörte zu den Autorinnen der chinesischen Studie, wonach Sars-Cov-2 aus Fledermäusen stammt. In einem Interview mit dem US-Wissenschaftsmagazin „Scientific American“ sagte Shi, das von ihren Forschern entschlüsselte Genom von Sars-Cov-2 sei nicht identisch mit einem anderen, in dem Labor zuvor bereits gelagerten Krankheitserreger.

Die Biosicherheitswissenschaftlerin Filippa Lentzos vom Londoner King's College sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Ursprungsort der Coronavirus-Pandemie sei nach wie vor unbekannt. Es gebe Hinweise, die „auf einen möglichen Laborunfall“ hindeuten könnten, sagte Lentzos weiter. Bewiesen sei dies jedoch nicht.

(AFP)