Stefanie Eller

Menschen bauen in viele Richtungen: nach oben, wie beim höchsten Kirchturm der Welt, aber auch nach unten. Dabei entstehen längst nicht mehr nur U-Bahnen oder Tiefgaragen, sondern auch Tunnel unter dem Wasser, die erstaunliche Längen erreichen können. Je nach Definition steht dabei ein anderer Tunnel an der Spitze. Das sind die längsten Unterwassertunnel der Welt.

Der Seikan-Tunnel: Längster Tunnel mit Unterwasser-Abschnitt

Wenn man nach der Gesamtlänge eines Tunnels geht, der teilweise unter dem Wasser verläuft, dann ist der Seikan-Tunnel in Japan der unangefochtene Spitzenreiter. Denn laut Angaben von Britannica misst er insgesamt 53,8 Kilometer und verbindet die Hauptinsel Honshu mit der nördlich gelegenen Insel Hokkaido. Etwa 23,3 Kilometer davon verlaufen unter Wasser, genauer gesagt unter der Tsugaru-Straße, die beide Inseln voneinander trennt.

Bau des Seikan-Tunnels

Der Bau des Eisenbahntunnels begann laut Britannica im Jahr 1964 unter der Trägerschaft der Japanischen Staatsbahn. Bis zur Fertigstellung im Jahr 1988 waren mehrere Tausend Arbeiter im Einsatz. Die Arbeiten dauerten Jahrzehnte und forderten 34 Menschenleben, eine Folge von Einstürzen, Wassereinbrüchen und anderen Gefahren, die mit dem Tunnelbau unter dem Meer verbunden sind.

Weitere interessante Fakten

Der Seikan-Tunnel ist laut Britannica der zweitlängste Eisenbahntunnel der Welt nach dem Gotthard-Basistunnel in der Schweiz. Ursprünglich als Alternative zum Fährverkehr geplant, verlor er mit dem Aufschwung des Flugverkehrs an Bedeutung für Passagiere. Heute spielt er vor allem für den Gütertransport eine Rolle. Seit 2016 fahren auch die schnellen Shinkansen-Züge durch den Seikan-Tunnel.

Längster Unterwasser-Abschnitt in einem Tunnel: Der Eurotunnel

Wenn es aber darum geht, welcher Tunnel weltweit den längsten Abschnitt hat, der unter dem Wasser verläuft, dann geht der Titel nach Europa: Genauer gesagt an den Eurotunnel, der Frankreich und England miteinander verbindet. Wie aus Angaben von Britannica hervorgeht, misst der Tunnel insgesamt 50 Kilometer, davon liegen 37,8 Kilometer direkt unter dem Ärmelkanal.

Bau des Eurotunnels

Der Bau des Eurotunnels begann laut Angaben der Institution of Civil Engineers im Jahr 1988 und dauerte insgesamt sechs Jahre. Rund elf Tunnelbohrmaschinen kamen zum Einsatz, um sich von beiden Seiten des Ärmelkanals durch das Gestein zu arbeiten. Besonders herausfordernd waren die nassen Bodenverhältnisse auf französischer Seite. Die Eröffnung fand im Mai 1994 statt, gefeiert wurde sie von Queen Elizabeth II und dem damaligen französischen Präsidenten François Mitterrand.

Weitere interessante Fakten

Der Eurotunnel besteht aus drei parallelen Röhren: zwei für den Zugverkehr und eine Service-Röhre. Die Fahrt durch den Tunnel dauert rund 35 Minuten, Züge erreichen dabei laut Britannica Geschwindigkeiten von bis zu 160 Kilometern pro Stunde. Der Tunnel wird sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr genutzt.

Weitere lange Unterwassertunnel

Neben den beiden Spitzenreitern gibt es aber auch noch eine Vielzahl weiterer Unterwassertunnel, die besonders lang sind. Dazu zählen unter anderem:

  • Tokyo Wan Aqua-Line

Die Tokyo Wan Aqua-Line ist eine Schnellstraße in Japan mit Tunnel- und Brückenelementen. Sie verbindet laut Angaben der Trans-Tokyo Bay Highway Corporation die Städte Kawasaki in der Präfektur Kanagawa und Kisarazu in der Präfektur Chiba. Die Gesamtstrecke misst 15,1 Kilometer, davon verlaufen rund zehn Kilometer unter der Bucht von Tokio als Tunnel und etwa fünf Kilometer über das Wasser als Brücke. Nach rund zehn Jahren Bauzeit wurde die Straße am 18. Dezember 1997 eröffnet.

  • Ryfylketunnel

Mit einer Länge von 14,4 Kilometern und einer Tiefe von bis zu 292 Metern unter dem Meeresspiegel gilt der Ryfylketunnel in Norwegen als der längste und tiefste Unterwasser-Straßentunnel der Welt. Laut Angaben der French Tunnelling and Underground Space Association wurde die Verbindung zwischen Solbakk in der Gemeinde Strand und Hundvåg bei Stavanger am 30. Dezember 2019 offiziell eröffnet. Die Bauarbeiten begannen im August 2013 und waren Teil des größeren Ryfast-Projekts.

  • Eysturoyartunnilin

Auf den Färöer-Inseln verbindet der Eysturoyartunnilin seit dem 19. Dezember 2020 die Hauptstadt Tórshavn mit der Region Skálafjørður. Laut Angaben der offiziellen Tourismusstelle Visit Runavík verläuft der rund 11 Kilometer lange Unterseetunnel unter dem Meeresboden und enthält als weltweit erste Anlage dieser Art einen Kreisverkehr unter Wasser. Durch das Projekt verkürzte sich die Strecke zwischen Tórshavn und Runavík von 55 auf 17 Kilometer, die Fahrzeit sank dadurch von über einer Stunde auf nur noch 16 Minuten.

Wie wird ein Unterwassertunnel gebaut?

Für den Bau von Tunneln unter Wasser gibt es verschiedene Methoden, je nach Tiefe, Untergrund und Lage. Eine davon ist das sogenannte Absenkverfahren, das laut Britannica zu den am häufigsten eingesetzten Techniken weltweit zählt. Dabei werden einzelne Tunnelabschnitte, die meist aus Beton oder Stahl bestehen, an Land vorgefertigt, dann ins Wasser transportiert und in einen zuvor ausgehobenen Graben im Meeres- oder Flussboden abgesenkt. Dort werden sie unter Wasser miteinander verbunden, anschließend leergepumpt und mit Erde oder Sand bedeckt. So entsteht ein stabiler Tunnel unter der Wasseroberfläche, oft über viele Kilometer hinweg.

Übrigens: Mehr über Rekorde erfahren Sie in unseren Artikeln zu dem größten Containerschiff der Welt, den größten Seen Deutschlands und den schwersten Ausbildungen in Deutschland.