Als Bundeskanzlerin Angela Merkel vor drei Wochen durch Westafrika reiste, geschah dies wieder einmal im üblichen Tempo: drei Länder in nur drei Tagen standen auf einem Programm, das sich überall ähnelte – die Fahrt vom Flughafen zum Präsidentenpalast, die Eröffnung eines Runden Tisches mit Geschäftsleuten, schließlich ein kurzes Gespräch mit Vertretern der Zivilgesellschaft vor dem Weiterflug. Ebenso aktionistisch wie der Reiseverlauf wirkt auch die deutsche Afrika-Strategie, die von der „Pro! Afrika“-Initiative (Wirtschaftsministerium) über den „Compact with Africa“ (Finanzministerium) bis zu einem „Marshallplan für Afrika“ (Entwicklungsministerium) reicht.
Wie eine kohärentere Strategie ausschauen könnte, hat gerade Chinas Präsident Xi Jinping gezeigt, der kurz vor Merkel eine ähnliche Reise durch Afrika unternahm, aber dafür mehr Zeit und Expertise mitbrachte. Bislang ging es bei solchen Visiten der Chinesen fast ausschließlich um den Zugriff auf Rohstoffe, für deren Nutzung China in Afrika Infrastruktur baute. Inzwischen steht dabei ein höchst ehrgeiziges, neues Projekt im Vordergrund: die sogenannte Belt and Road-Initiative, auch als Neue Seidenstraße bekannt. Offiziell vor fünf Jahren ins Leben gerufen, besteht ihr Ziel darin, die Verbindung Chinas zu gewissen Weltregionen durch den Bau massiver Infrastruktur zu verbessern, darunter den Anschluss an die ost- und nordostafrikanische Küste. Mit einem Volumen von bis zu einer Billion Dollar wollen die Chinesen dabei so viel Geld für das neue Vorhaben mobilisieren, wie seit dem Marshallplan nirgendwo sonst international geflossen ist.
China ist bereits seit längerem größter Handelspartner vieler afrikanischer Staaten. Im Ländervergleich (nicht Handelsblöcke) ist es bereits der wichtigste Handelspartner Afrikas und hat sein Engagement stetig ausgebaut. Die Unternehmensberatung McKinsey nimmt an, dass derzeit etwa 10 000 chinesische Firmen in Afrika aktiv sind – 90 Prozent davon in privater Hand.
Neben wirtschaftlichen Interessen kommen bei Chinas Ausgriff nach Afrika geopolitische Aspekte ins Spiel: Erst im vergangenen Jahr hat China mit der Militärbasis im Zwergstaat Dschibuti am Horn von Afrika seinen ersten Stützpunkt im Ausland seit 1953 eröffnet. Die Militärbasis am Suezkanal ist als Logistikzentrum für seine Marine gedacht, die China zum Schutz von Handelsschiffen stationiert hat.
Daneben versucht sich China auch im Ideologietransfer: So möchte seine Führung ihr Kadersystem nach Afrika exportieren, um engere Beziehungen zu den oft allein am eigenen Machterhalt interessierten autokratischen Regimen zu schmieden. Menschenrechte stehen zur Genugtuung der afrikanischen Regime ohnehin fast nie zur Debatte.
Positives Bild von China
In der öffentlichen Bewertung Chinas in Afrika scheint sich dieses ausgesprochen pragmatische Vorgehen Pekings immer mehr auszuzahlen: So ermittelte der Umfragedienst Afrobarometer, dass rund zwei Drittel der Menschen in 36 afrikanischen Ländern China für einen „guten Einfluss“ halten, auch wenn dort mehrheitlich noch immer das westliche Entwicklungsmodell bevorzugt wird.
Doch es gibt auch Probleme. So werden Chinas Investitionen in Afrika oft überschätzt, weil es sich dabei zumeist nur um Zusagen statt konkreter Geldzuflüsse handelt. Auch gehen noch immer 35 Prozent der afrikanischen Exporte in die EU, 18 Prozent in andere afrikanische Länder und jeweils nur zehn Prozent nach China und Amerika. Die EU ist also der mit Abstand wichtigste Handelspartner Afrikas – wichtiger als Afrikas Staaten untereinander. Noch steht der Westen südlich der Sahara also keineswegs auf aussichtslosem Posten. Damit das so bleibt, wäre Deutschland gut beraten, sich stärker an Chinas Pragmatismus zu orientieren – und zu diesem Zweck endlich eine klarere, weniger idealistische Afrika-Politik zu formulieren, die diesen Namen auch verdient hat.