Von außen betrachtet, mutet es wie ein Wunder an, dass der von fast 800 Anklagepunkten belastete und von immer neuen Korruptionsvorwürfen geplagte Jacob Zuma noch immer Präsident von Südafrika ist. Sein regierender Afrikanischer Nationalkongress (ANC), die frühere Widerstandsbewegung, hätte in den vergangenen Jahren wahrlich mehr als genug Gründe für seine Abwahl gehabt. Aber bislang ist es dem 75-Jährigen achtmal gelungen, alle Rücktrittsforderungen und Misstrauensanträge souverän abzuschmettern – so nun auch den für ihn bislang kritischsten im südafrikanischen Parlament.

So geht das Elend am Kap vorerst weiter: Zumas achtjährige Amtszeit hat die nach dem Ende der Apartheid errichtete junge Demokratie am Kap in die schlimmste Krise ihrer 23-jährigen Geschichte gestürzt. Fast 200 000 E-Mails, die derzeit von einem Journalisten-Netzwerk ausgewertet und tröpfchenweise veröffentlicht werden, lassen keinen Zweifel daran, dass weite Teile der Zuma-Regierung mit der vor 20 Jahren eingewanderten indischen Unternehmerfamilie Gupta unter einer Decke stecken – und beide sich gemeinsam unverfroren an den Fleischtöpfen des Staates bereichern. Beobachter wie der Johannesburger Kolumnist Justice Malala sprechen ganz unverhohlen von einer „Parallelregierung“ im Staat. Zuma sei im Zusammenspiel mit den Guptas dabei, sämtliche von Nelson Mandela erkämpften Errungenschaften wie die Versöhnung zwischen Schwarz und Weiß in Rekordzeit zu ruinieren.

So bekommen die Guptas vom Staat ständig neue Aufträge zugeschanzt – und zahlen der weit verzweigten Klientel des Präsidenten im Gegenzug offenbar viel Geld für die gewährten Gefälligkeiten. Der inzwischen tief im Herzen der Macht verankerte Gupta-Clan hat sogar ein entscheidendes Mitspracherecht dabei, wer in Zumas Regierung Minister wird – oder wer die großen Staatskonzerne wie den Strommonopolisten Eskom lenkt, die daraufhin zum eigenen finanziellen Vorteil ausgenommen werden. All das ist durch die E-Mails zu großen Teilen minutiös belegt und hat dem Zutrauen der Investoren schweren Schaden zugefügt. Dass Jacob Zuma trotz immer neuer, oft ungeheuerlicher Vorwürfe weiter im Amt ist, liegt vor allem an seiner Klientelpolitik und einer offenbar handlungsunfähigen Regierungspartei. Unter ihm ist Südafrikas zu einem gigantischen Selbstbedienungsladen geworden.

Kein Wunder, dass sich Südafrika seit Zumas Machtübernahme im Jahre 2009 in einem stetigen wirtschaftlichen Sinkflug befindet – und die extrem hohe Arbeitslosigkeit gerade erst mit 27,7 Prozent auf den höchsten Stand in fast 15 Jahren geschnellt ist. Wenn man all die Südafrikaner dazuzählen würde, die ihre Jobsuche längst entmutigt abgebrochen haben, läge die Arbeitslosenquote am Kap sogar bei fast 40 Prozent – riesiger sozialer Sprengstoff ist das. Erst im April hatten die Ratingagenturen deshalb auch die Kreditwürdigkeit des Landes entnervt über die immer neuen Eskapaden Zumas auf Ramschstatus hinuntergestuft.

Doch mit den vielen durchgesickerten E-Mails des Gupta-Clans, den sogenannten Gupta Leaks, scheint sich der Wind nun endgültig zu drehen: im vergangenen Monat hatte sich selbst Vizepräsident Cyril Ramaphosa, Zumas größter Gegner im Kampf um dessen Nachfolge, öffentlich vom Präsidenten distanziert. Er wolle nicht länger schweigen, sondern fortan darauf drängen, dass die vielen vorgebrachten Vorwürfe untersucht würden – zumal die Beweislage eindeutig erscheine. Sollte Ramaphosa seine Ankündigung diesmal wahr machen und der ANC auf dem wichtigen Parteitag im Dezember endlich den Mut aufbringen, seinen Präsidenten direkt mit seinen Fehltritten zu konfrontieren, dürften Zumas Tage doch gezählt sein. Freiwillig wird er schon deshalb nicht gehen, weil ihm mittlerweile zwischen Präsidentschaft und Gefängnis keine andere Option bleibt.