Die Eltern oder die Großeltern sind gestorben. Sie hinterlassen ein Haus oder eine Wohnung voller Möbel vielleicht auch der ein oder anderen kostbaren Antiquität. Obwohl das spannende Momente sein können, fühlen sich Erben oft überfordert. Sie wissen nicht, was vom Entrümpler entsorgt werden kann und wo es sich lohnt, Expertise hinzuzuziehen, damit nicht in die Tonne fliegt, was viel Geld einbringen kann.
Meist bleibt nicht viel Zeit, genau hinzuschauen. Dann sind Leute wie Dagmar Ender und Constanze Preiß gefragt. Sie führen die Geschäfte des „Auktionshaus am See“ in der Oberen Laube in Konstanz. Auktion – das klingt nach teuren Antiquitäten und irre hohen Geboten. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Ender und Preiß sehen sich auch Wohnungen an, bevor es dann heißt: Alles kann raus!
Das Angebot an Nachlässen ist groß
Die beiden Frauen stecken voller Geschichten, die sich um die Antiquitäten ranken, zwischen denen sie arbeiten, um zu ordnen, zu bewerten und zu katalogisieren. Beide kommen viel in der Region herum, denn Erben, die Hinterlassenschaften zu Geld machen wollen, gibt es zahlreich.
Aber was lässt sich derzeit gut verkaufen? Die ZDF-Sendung „Bares für Rares“ gewährt da interessante Einblicke, die Einschaltquote ist hoch, denn alte Sachen kennt seit der Kindheit jeder. Der SÜDKURIER hat die Expertinnen Ender und Preiß befragt.
Geschirr, Porzellan und Figuren

„Letztlich“, sagt Dagmar Ender, „sind nur noch die Top-Marken gesucht“. Bezogen auf Deutschland ist das Meißner Porzellan – aber nur die berühmte Marke mit den gekreuzten Schwertern, nicht die Marke der Stadt Meißen – Stücke der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) Berlin und die der Königlichen Porzellan Manufaktur Nymphenburg.

Über den Wert entscheiden Details – etwa die Frage, ob die Keramik handbemalt ist oder ob ein Dekor aufgedruckt wurde. Bei einem Service von Rosenthal zählt die Frage, ob ein bekannter Künstler – wie James Rizzi oder Björn Wiinblad – am Design mitgewirkt hat. Auch die zusammen mit Versace entwickelten Muster verkaufen sich gut. Altes Porzellan der Königlichen Manufaktur in Sèvres in Frankreich kann bei Sammlern ebenfalls hohe Preise erzielen. Figuren aus Porzellan sind weiterhin gesucht – weniger in Deutschland, aber von Interessenten in Asien und in Osteuropa.
Kristallglas

Hier gilt das Gleiche wie beim Porzellan. Findet sich am Boden ein Name oder ein Emblem, sollte man genauer hinschauen und bei Zweifeln einen Experten hinzuziehen. Mit seinem Alter steigt der Wert eines Stücks. Das gilt für Gläser aus den Ofen der venezianischen Glasbläser von Murano genauso wie für Kristallglas aus Böhmen, etwa von Moser als Karlsbad.
Was vor 1900 entstand, ist in der Regel eher gesucht als Stücke aus dem 20. Jahrhundert. Wertvolles Glas kommt auch aus Frankreich. Namhafte Häuser sind Christofle in Paris – wo auch luxuriöses Silber- und Tafelgeschirr gefertigt wird – oder Saint-Louis, die älteste Kristallmanufaktur Frankreichs. Auch deren Ware ist grundsätzlich am Glasboden signiert.
Silberwaren und -besteck

Es findet sich in gutbürgerlichen Haushalten oft in den Schubladen. Tradition und Qualität haben auch hier Bestand, was einen guten Verkauf verspricht. „Vieles ist allerdings nur versilbert“, warnt Dagmar Ender vor zu hohen Erwartungen. Für den Laien sind Silber und Versilberung nicht immer sofort zu unterscheiden.
Denn eine Punzierung, die über den Feingehalt bei Silber und Gold Auskunft erteilt, kann es auch bei einer Versilberung geben. Eine Punze richtig zu lesen, kann daher eine Wissenschaft sein. „Eine Punzierung ist in jedem Land anders, sie wurde in Deutschland erst 1888 vereinheitlicht“, erklärt Ender. Die eingestempelte Zahl 925 etwa weist auf Sterling-Silber hin. Dafür steht aber in England ein laufender Löwe. Fazit: Im Zweifel einen Experten einschalten.
Uhren und Armbanduhren

Früher war es alte mechanische Tisch- und Kaminuhren, die vor allem Männer fortgeschrittenen Alters begeisterten. Heute werden von Jüngeren teure Armbanduhren gesammelt. „Bei Tisch- und Kaminuhren steigt der Wert, wenn sie etwas Besonderes bieten, etwa ein Walzenspielwerk“, sagt Dagmar Ender. Uhren aus dem 19. Jahrhundert, etwa des Schwarzwälder Herstellers Uhrenfabrik Lenzkirch A.G., finden noch immer Käufer, antike Exemplare aus dem 18. Jahrhundert sowieso.

Immer mehr Sammler begeistern sich indes für luxuriöse Armbanduhren. Sollten sich eine Omega, ein Chronometer von IWC Schaffhausen oder der französischen Uhrenmanufaktur Guilmet & Cie. in einem Nachlass finden, darf man sich freuen. Aber man muss wissen: Auch bei einem Hersteller wie Rolex kann es extreme Preisunterschiede zwischen wenigen tausend Euro und einer fünfstelligen Summe geben. Es kommt eben immer auf die Auflage des Modells an.
Spielzeug und Puppen

Über den Wert entscheiden Marke-Mythos und Alter. Spannend wird es, wenn ein Spielzeug aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg stammt, und wenn dann noch „Märklin“ draufsteht, ist es noch besser. Alles Alte von Steiff – nicht nur die Teddys – und Marken-Puppen (etwa von Käthe Kruse) finden viele Sammler interessant. Wichtig: Ein Markenstempel befindet sich meist am Hals unter den (Echt)Haaren. Plastikware kann wertvoll sein, wenn sie selten ist – etwa die erste Barbie-Puppe von Mattel (1959) oder die erste schwarze Barbie (1968).
Lithographien und Stiche

Hier sind es in der Regel nur die Drucke aus dem 19. Jahrhundert, die sich noch versilbern lassen. Dabei kommt es auf Unterschiede an. So sind kolorierte Stiche meist mehr wert und ein Stück aus limitierter Auflage ebenfalls. Für eine Lithographie (Steindruck) kann in der Regel mehr erzielt werden als für einen Kupferstich. In den 1960er- und 70er-Jahren wurden Stahlstiche oft als Wertanlage empfohlen. Diese Hoffnung war vergebens. Diese Drucke (oft Stadtansichten) sind nicht mehr gesucht.
Alte Orientteppiche

„Perserteppiche wurden früher zu horrenden fünfstelligen Preisen gekauft“, sagt Constanze Preiß. Man hoffte ebenfalls auf eine Wertanlage. Doch es kam anders. „Der Markt für gebrauchte Perser war zwischenzeitlich völlig tot“, sagt Preiß.
Inzwischen ist die handgemachte Knüpfkunst aus dem Orient wieder gesucht, die Preise bleiben aber moderat. Rote Farben sind out, dafür Blautöne begehrt. Über den Wert entscheiden die Dichte der Knoten und auch das Material. So ist ein Stück aus Seide teurer als das aus Wolle. Da die Mindestgebote bei Auktionen meist unter 100 Euro liegen, ist die Chance groß, mit wenig Geld zu einem schönen Teppich zu kommen. Eine Reinigung sollte man dem Stück dann aber gönnen.