Das ehemalige Wehrer Krankenhaus wird nun doch nicht abgerissen, sondern umgebaut. Der Charme der beiden Gebäude in der Georg-Kerner-Straße 20 soll im Wesentlichen also erhalten bleiben. Im Fachjargon heißt dies „Bestandserweiterung mit Kernsanierung“. Die Grundmauern bleiben dabei erhalten. Neu und modern soll es vor allem innen werden. Die Stadträtinnen und -Räte begrüßten die vorgestellten Baupläne.
Was ist geplant?
In der jüngsten Sitzung stellten die neuen Pächter des Wehrer Krankenhauses, die Rinkenburger Objektbau GmbH, aus Dillingen an der Donau, ihre Pläne vor.

Wie Christoph und Thilo Rinkenburger ausführten, soll das ehemalige Krankenhaus, das bis in die 1970er Jahre eine Geburtenstation besaß, indessen in ein Mehrfamilien- und Appartementhaus umgebaut werden. Alle geplanten 39 Wohneinheiten sollen barrierefrei sein, was jedoch nicht heiße, dass sie behindertengerecht seien. Die Rinkenburgers sprechen von behindertenfreundlichem Wohnen, zum Beispiel mit breiten Türen und großzügigen Bädern.

Wird sich die Optik der Gebäude ändern?
Christoph und Thilo Rinkenburger erklärten, dass beide Häuser in der äußeren Hülle ihren Charakter behalten sollen. Der ältere Komplex – im Charme einer Gründerzeitvilla – aus dem Jahr von etwa 1890 sowie der neuere Anbau aus dem Jahr 1968 werden sich laut Investoren optisch nicht großartig verändern. Denn vor allem werde kernsaniert und rückgebaut werden. Das heißt, nicht tragende Wände oder alte Elektro- und Rohrleitungen kommen raus. Strom- und Wasserleitungen werden neu verlegt. Die Fassade soll im Großen und Ganzen erhalten bleiben. Ein Schuppen auf dem hinteren Gelände im Norden muss weichen, damit der 60er-Jahre-Anbau in der Grundfläche verdoppelt und die vorgeschriebene Anzahl von Stellplätzen und Feuerwehraufstellfläche geschaffen werden kann. Die Fenster an der Balkonfront müssen aus energetischen Gründen verkleinert werden. Das sei unter anderem Auflage der KfW zur finanziellen Förderung.

Wie viele Wohnungen entstehen?
Laut Plan sollen 13 möblierte, 18 bis 25 Quadratmeter große Appartements entstehen. Dieses gewerbliche Vermietungsangebot, das pro Nacht zwischen 90 und 110 Euro kosten soll, richte sich vor allem an Montagearbeiter oder Kurzzeittouristen. Automatisch per digitalem Check-Inn könne dann hier gebucht werden, teilen Rinkenburgers mit. Um dafür mehr Wohnfläche zu gewinnen, muss Boden vor und hinter dem Neubau abgetragen werden.

Außerdem werden 26 bezahlbare Wohnungen für Wohnungssuchende mit Wohnberechtigungsschein sowie ein Spielplatz, 42 Autostellplätze und zusätzliche Fahrradstellplätze geschaffen.
Wie wurde das Gebäude bislang genutzt?
Das ehemalige Wehrer Krankenhaus, das in der Vergangenheit auch als Obdach- und Geflüchtetenunterkunft diente, wird durch soziale Wohnraumförderung wieder zu Leben erweckt. So könne das ehemalige Krankenhaus wieder zu einer modernen und gleichzeitig sozialen Begegnungsstätte für Menschen werden. Die Anforderungen und Vorgaben im geförderten Wohnungsbau seien nicht einfach und müssen den strengen Förderrichtlinien der Kreditanstalt für Wiederaufbau entsprechen, ließ Prokurist Thilo Rinkenburger verlauten.
Ein kurzer Rückblick: „In den letzten zehn Jahren ist es in den Gemeinderatssitzungen oft um das Krankenhaus gegangen“, erläuterte Bürgermeister Michael Thater eingangs. Einige empfanden das Gebäude stets als Schandfleck und plädierten für einen Abriss. Andere meinten, man müsse es erhalten. Bis letztlich ein Ende der Diskussion in Sicht war, weil dank eines Nutzungsgutachtens der Rat im Dezember 2021 – mitten in der Coronapandemie – beschloss, die beiden Gebäude doch zu erhalten.

Im November 2022 entschied sich die Stadt dann für ein Konzeptverfahren, woraufhin die Firma Rinkenburger aus Dillingen an der Donau mit der Stadt einen Erbpachtvertrag schloss. Mit den Umbaumaßnahmen ging es trotzdem nicht voran, erinnerte Thater. Dann kam die Energie- und damit die Bauwirtschaftskrise, alles stockte. Nun wird es konkret.
Worüber musste der Gemeinderat entscheiden?
„Grundlage allen ist der Erbbaurechtsvertrag“, sagte Thater, „alles entspreche den Forderungen der Stadtverwaltung“. Um das Bauvorhaben umzusetzen, muss die Stadt dennoch „drei geringfügige Befreiungen bei den bauplanrechtlichen Festsetzungen im Bebauungsplan genehmigen“, gab Thater hierzu bekannt. Dazu zähle die geringe Überschreitung der Grundstücksgrenze, die Überschreitung der Baugrenze zwecks Brandschutz zur Schaffung einer weiteren Wohnung und die Überschreitung bezüglich Abgrabungen zur Schaffung von Stellplätzen nahe dem 60er-Neubau.

Die anwesenden Räte begrüßten den „Mut zu bezahlbaren Wohnungsbau“ und gaben jedoch vor der Abstimmung zu bedenken, dass bei so zahlreich geplanten Stellplätzen direkt neben dem Familienzentrum und dem Kindergarten ein Konfliktpotenzial entstehen könnte. Thilo Rinkenburger rechne damit nicht, denn er geht von einer maximal 60-prozentigen Auslastung der Appartement-Stellplätze aus. Letztlich stimmte der Gemeinderat einstimmig für den Beschluss und damit für die baurechtlichen Befreiungen im Sinne der geplanten Umbaupläne.
Wie geht es nun weiter?
Christoph und Thilo Rinkenburger erklärten im Gemeinderat, dass der Bauantrag seit Ende Februar dieses Jahres beim Landratsamt Waldshut gestellt ist. Der Eingang sei bereits bestätigt. Rückfragen zu Plänen hätten sie noch nicht erhalten.