Selten verschwand ein guter Vorschlag so lautlos in der Versenkung wie der Parteitagsbeschluss der FDP zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zu Unrecht. Die Delegierten in Berlin forderten bei ihrem Treffen vor knapp einer Woche, was viele ohnmächtige Beitragszahler schon lange befürworten: Legt ARD und ZDF zusammen, überlasst die Gottschalks und Silbereisens den Privaten, lichtet den Dschungel kleinster Nischenprogramme in Fernsehen und Hörfunk – und friert endlich den Rundfunkbeitrag ein.
Das ganze System, das haben die Liberalen richtig erkannt, braucht eine tiefgreifende Reform. Die Flickschustereien der Intendanten helfen nicht mehr weiter.
Hohe Gehälter, tiefe Abgründe
Ein nennenswertes Echo hat der Vorstoß der Liberalen nicht ausgelöst. Die Senderchefs, allesamt bestens bezahlt, können sich weiter sicher fühlen. Das verwundert dann doch etwas, nachdem der Fall Patricia Schlesinger beim RBB in Potsdam gezeigt hat, wie hoch die Gehälter und wie tief die Abgründe in den Rundfunkpalästen sind.

Ständig das Programmangebot auszuweiten, reicht nicht aus, um die Öffentlich-Rechtlichen vom Fernsehzeitalter ins Internetzeitalter zu bringen. Wichtiger ist eine Reform, die ein anderes Bild von den Sendeanstalten vermittelt. In den Augen vieler Bürger sind sie zu Selbstbedienungsläden verkommen, üppig finanziert von Beitragszahlern, die sich nicht wehren können – selbst wenn sie schon lange in Richtung Netflix, Amazon und YouTube abgewandert sind.
Nicht nur Frau Schlesinger schöpfte aus dem Vollen
Noch geht diese Schere immer weiter auseinander. Menschen unter 40 schauen nur noch selten bei ARD und ZDF vorbei. Zahlen müssen sie trotzdem: Die Beitragseintreiber von der GEZ sind so unerbittlich wie das Finanzamt. Selbst Studenten finden keine Gnade.
Umso monströser erscheint das Geflecht von Intendantengehältern, Spesenregelungen und Ruhestandsbezügen in den Chefetagen der Sendeanstalten, das mit diesen Beiträgen finanziert wird. Nicht nur Frau Schlesinger beim RBB schöpfte aus dem Vollen.
Würde der Intendant des Hessischen Rundfunks, seit 1. März 2023 im Amt, seine Arbeit für den Sender morgen beenden, hätte er Anspruch auf mindestens 220.000 Euro im Jahr – ohne einen Finger zu rühren. Ähnlich großzügig sind die Ruhestandsregelungen anderer Sender. Einige Direktoren haben nach nur einem Arbeitstag Anspruch auf ein Ruhegeld. Lebenslang.
Es fehlt an Kontrolle
Es ist diese ungute Mischung aus Großspurigkeit und mangelnder Kontrolle, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland so viel Rückhalt kostet. ARD, ZDF und Deutschlandradio nehmen pro Jahr 8,5 Milliarden Euro an Gebühren ein, dazu kommt Geld aus Werbung und Sponsoring. Trotzdem reicht es, wenn man den Intendanten glauben darf, hinten und vorne nicht. Schon melden sie erneut einen höheren Bedarf an. Nur der übliche Trick, um aus den Beitragszahlern einen Euro mehr herauszuquetschen?
Ministerpräsidenten wie Reiner Haseloff und Dietmar Woidke haben recht, wenn sie auf die Bremse treten. Sie können ihren Wählern höhere Beiträge nicht mehr vermitteln, solange es so undurchschaubar bleibt, in welchen Kanälen das Geld versickert. Eine Reform, die ihren Namen verdient, setzt an diesem Punkt an. Entweder schafft sie Transparenz oder sie wird scheitern.
Das bedeutet zwangsläufig Abstriche – auch im Programmangebot. Das muss kein Schaden sein, sofern an der richtigen Stelle gespart wird. Möglichkeiten finden sich genug. Bei Unterhaltungssendungen und im Sport leisten sich die Öffentlich-Rechtlichen einen Überbietungswettbewerb mit den Privaten. Im Netz wiederum unterbieten sie mit ihren Alles-umsonst-Portalen das Sortiment angestammter Verlagshäuser, die das Grundgesetz aus gutem Grund dem freien Markt ausgesetzt hat.
Aktuell, so der Stand des Wildwuchses, leisten sich ARD, ZDF und Deutschlandradio mehr als 20 Fernsehkanäle und 70 Radiosender. Dazu kommen Internet-Formate, Podcasts und andere Angebote, die sich überwiegend an ein jüngeres Publikum richten. Auch ihre Zahl wächst rasant. Wer braucht das alles?
Die falsche Richtung
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist laut Staatsvertrag dazu da, die Grundversorgung der Bevölkerung zu sichern. Im Informationszeitalter wirkt der Begriff wie aus einem anderen Jahrhundert. Heute werden die Menschen im Sekundentakt mit Neuigkeiten überflutet, die Antwort kann somit nicht „Immer mehr, immer teurer“ lauten.
Wenn die nächste Generation bereit sein soll, sich Monat für Monat Beiträge abbuchen zu lassen, werden die öffentlich-rechtlichen Sender eine ganz andere Richtung einschlagen müssen. Beispielsweise indem sie sich, wie es im FDP-Beschluss heißt, auf ihren Marken- und Wesenskern konzentrieren, also auf ihren Bildungs- und Informationsauftrag. Alles andere kann weg.