Diese Wahlen stellen eine Zäsur dar. Noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik hat eine rechtsextremistische Partei eine so wichtige Wahl gewonnen. Fast ein Drittel der Thüringer haben einer Partei ihre Stimme gegeben, die mit etlichen Errungenschaften des modernen Deutschlands brechen will: Die Zugehörigkeit zur Europäischen Union und der Nato wird von ihr genauso in Frage gestellt wie der Schutz von sexuellen Minderheiten, die Rechte von Migranten, die Pressefreiheit oder das Gedenken an den Holocaust.
Nun muss man nicht befürchten, dass demnächst die NS-Zeit schon bald aus den Schulbüchern verschwindet. Denn dass die AfD tatsächlich an die Regierung kommt, ist unwahrscheinlich. Bislang hat keine andere Partei zu erkennen gegeben, dass sie zu einer Koalition bereit wäre.
Einfluss nehmen werden Höcke und Co. dennoch. Wie das aussehen könnte, durfte man 2020 bei der Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich besichtigen. Ähnliche Schikanen drohen bald wieder, wenn nicht CDU oder BSW über ihren Schatten springen. Die AfD ist clever genug, die Spielräume jenseits der Regierungsbeteiligung zu nutzen, die das demokratische System bietet.
SPD kommt noch davon, Grüne und FDP nicht
Desaströs ist das Abschneiden der Ampel-Koalition: Die SPD ist bei diesen Landtagswahlen im Osten noch mit zwei blauen Augen davongekommen. Die Grünen müssen zittern, die FDP nicht mal mehr das. Die CDU kann sich in Sachsen dank Ministerpräsidenten-Bonus behaupten. Der härtere Ton, den Friedrich Merz anschlägt, hat den Christdemokraten auch in Thüringen nicht geschadet.
Was jetzt kommt, ist Neuland. Vor allem in Thüringen ist ungewiss, wer am Ende noch eine Regierung bilden kann und will. Der CDU kommt mit ihrem Wahlerfolg große Verantwortung zu. In Sachsen kann sie womöglich noch mit ihrem Kenia-Bündnis weitermachen. In Thüringen steht man vor fast unlösbaren Aufgaben.
Was will die CDU?
Eine Koalition mit der Linken schließt die CDU aus, dabei wäre das in Thüringen mit weniger Ungewissheiten verbunden als ein Bündnis mit dem BSW. Die Sahra-Wagenknecht-Partei, die sich so kurz nach ihrer Gründung so weit nach oben katapultiert hat, dürfte noch nicht einmal selbst wissen, was von ihr politisch zu erwarten ist. Bedingungen stellt sie dennoch.
Der Osten wählt anders, das stimmt (noch). Die AfD trug bei der jüngsten Europawahl aber auch im Westen große Erfolge davon. Im Zeitalter schwindender Parteibindungen und zunehmenden Populismus in den westlichen Demokratien erscheint der Osten manchmal als eine Art Politiklabor, in dem getestet werden muss, was man sich für den Westen nie wünscht. Es wird verdammt spannend.