Sonntagmittag um 12.25 Uhr und der Saal im Triberger Kino steht Kopf: Die Ringerin Aline Rotter-Focken hat soeben das Olympische Finale im Freistil bis 76 Kilogramm erreicht, was von ihren Freunden und der Familie in der Heimat kollektiv gefeiert wurde.
Ihr Mann und Trainingspartner Jan Rotter, selbst ein ehemaliger Spitzenringer, hatte den Kinosaal gemietet, um die Kämpfe seiner Frau gemeinsam mit Freunden und Familien zu verfolgen. Die 30 Anhänger, die sich bereits um vier Uhr morgens zum Achtelfinale versammelt hatten, sahen eine gute erste Vorstellung von Aline Rotter-Focken gegen die Belarussin Wasilisa Marsaliuk, die sie zwar knapp, aber verdient mit 2:1 besiegte. „Das war ein Kampf auf Messers Schneide. Mir war klar: Wenn sie das gewinnt, kann es für sie weit gehen“, prognostizierte Rotter – und sollte recht behalten: In der Runde der letzten acht schlug die gebürtige Krefelderin, die seit vier Jahren in Triberg lebt, die Chinesin Qian Zhou klar mit 8:3.
Nun galt es, in der fünfstündigen Pause bis zum Halbfinale die Anspannung nicht zu verlieren – bei Aline Rotter-Focken, aber auch bei den Fans im Kinosaal, die das frühe Aufstehen mit jeder Menge Koffein vergessen machten. Im Halbfinale gegen die Japanerin Hiroe Minagawa ging die 30-Jährige dann früh mit 1:0 in Führung.
Spannender Kampfverlauf
Als dann das ZDF zur zweiten Hälfte mit der TV-Übertragung zum Ringen wechselte, nahm der Kampf Fahrt auf. Zunächst glich die Japanerin zwei Minuten vor dem Ende aus, nachdem Rotter-Focken zu lange inaktiv blieb. Zu diesem Zeitpunkt wäre die Deutsche ausgeschieden gewesen, denn bei Gleichstand entscheidet, wer die letzte Wertung erzielt. Davon ließ sie sich aber nicht aus der Ruhe bringen: 75 Sekunden vor dem Ende warf sie Minagawa mit einem Beinangriff auf den Rücken – 3:1. Weil die Japanerin nicht mehr konterte, gewann Rotter-Focken und steht nun im Finale.
Traumduell gegen eine gute Freundin
Dort kommt es am Montag um 14.20 Uhr deutscher Zeit zum Traumduell gegen eine gute Freundin: Die an Position zwei gesetzte Deutsche gegen die amtierende Weltmeisterin und topplatzierte US-Amerikanerin Adeline Maria Gray. „Es wird ein taktisch geprägter Kampf. Wenn sie die Euphorie ins Finale mitnehmen kann, ist Gold für sie absolut möglich“, sagt Jan Rotter, der nicht mit nach Tokio reisen durfte.
Der letzte Kampf
Es wird der letzte Kampf in Aline Rotter-Fockens erfolgreicher Laufbahn sein, nach den Spielen von Tokio wird sie mit dem Ringen aufhören. „Nun hat Aline die Chance, mit der Goldmedaille das perfekte Karriereende zu haben“, sagt Jan Rotter. Es wäre ein fast schon kinoreifer Abgang. Ihre Fans werden ihn wieder entsprechend verfolgen: im Triberger Kino.