Kay, Gratulation zur tollen Leistung bei der WM. Hast Du schon realisiert, was Euch da gelungen ist?

Danke! Ja, mittlerweile schon, aber das musste man schon Stück für Stück verarbeiten.

Deutschland schonte die beiden Top-Stars der vergangenen Jahre, Timo Boll und Dima Ovtcharov, zählte für viel Experten daher gar nicht zu den Top-Favoriten. Und trotzdem gelang der Einzug ins Finale gegen China. Wie waren denn die Reaktionen? Konntest Du schon alle Nachrichten auf dem Handy anschauen?

Es haben sich schon sehr viele gemeldet. Trainer, Manager, Mitspieler, die Präsidentin vom Deutschen Tischtennis-Bund Claudia Herweg, Freunde und natürlich hatte ich ständig Kontakt zu meiner Familie in Singen. Mit meine Vater Rudi habe ich täglich telefoniert, Spiele analysiert – nicht nur unsere, sondern das Turnier insgesamt.

Zu Beginn der WM setzte Bundestrainer Jörg Roßkopf auf Dang Qiu, Benedikt Duda und Ricardo Walther. Nach der Vorrunden-Niederlage gegen Indien im zweiten Turnierspiel durftest Du dann anstelle von Walther ran. Wann hast Du von Deiner Nominierung erfahren?

Am Abend nach dem Indien-Spiel. Wir hatten Teambesprechung im Hotel und wussten, dass wir am nächsten Tag gegen Frankreich 3:0 oder 3:1 gewinnen mussten, da wir sonst lediglich als Gruppendritter weitergekommen und dann sofort auf China getroffen wären.

Jubelt man da innerlich oder wie war Deine Reaktion?

Natürlich habe ich mich gefreut. Ich hatte ja auch gehofft, von Anfang an zu spielen. Meine Trainingsleistungen waren gut und auch in der Bundesliga lief es vor dem Turnier extrem gut für mich. Aber als ich wusste, dass ich gegen Frankreich spielen durfte, war ich sofort im Funktionsmodus, denn uns allen war klar, dass es vor meinem Einzel wahrscheinlich 1:1 stehen würde, ich also unbedingt gewinnen musste.

Und genau so kam es dann ja auch.

Ja, da war schon Druck da, aber gegen Emmanuel Lebesson konnte ich dann in 3:2 Sätzen gewinnen.

Ein Bild von 2016: Das Aufsteigerteam des TTC Singen (von links): Stefan Goldberg, Trainer und Betreuer Rudi Stumper, Adam Robertson, ...
Ein Bild von 2016: Das Aufsteigerteam des TTC Singen (von links): Stefan Goldberg, Trainer und Betreuer Rudi Stumper, Adam Robertson, Pekka Pelz, Patrik Schmidt, Marco Reich, Nico Vasdaris, Kay Stumper und Marius Heinemann. | Bild: Daniel F. Koch

Du hattest in den vergangenen Monaten bereits einige Top-Spieler bezwungen, sind in der Tischtennis-Bundesliga bei vier Einsätzen in der noch jungen Saison noch ungeschlagen. Wie kommt es zu der Leistungsexplosion?

Gute Frage. Genau weiß ich das auch nicht, ich entwickle mich sportlich stetig weiter. Und durch die Siege habe ich viel Selbstbewusstsein.

In Chengdu gelangen Dir weitere Einzelsiege gegen Usbekistan, Kroatien und erneut Frankreich. Das hat für Aufsehen gesorgt.

Ja, ich habe es vor allem nach den Spielen gemerkt, als ich zwischen acht und zwanzig Interviews geben musste. Das dauerte fast immer eine ganze Stunde. Teilweise wurde ich live im Staatsfernsehen interviewt. Das war schon speziell, da in China die Tischtennis-Übertragungen von Millionen Zuschauern gesehen wurden.

Kay Stumper als Neunjähriger beim Training in Singen.
Kay Stumper als Neunjähriger beim Training in Singen. | Bild: Daniel Koch

Deine Mutter stammt aus China, sie sprechen fließend Mandarin. Viel von Land und Leuten hast Du bei der WM aber nicht mitbekommen.

Leider nein, auch die Verwandtschaft meiner Mutter konnte nicht kommen. Wegen Corona galten strenge Vorschriften, wir Spieler waren in zwei Hotels untergebracht, dazwischen war ein speziell für uns abgesperrter Park. Kontakt hatten wir daher nur mit Spielern, Trainern und Offiziellen. Beeindrucken war allerdings die ultramoderne Halle, so etwas hatte ich zuvor noch nie gesehen.

Nach dem Finale ging es sofort in den Flieger?

Ja, das Endspiel begann um 19.30 Uhr Ortszeit, nach der 0:3-Niederlage gegen China ging es nur kurz ins Hotel, um 4 Uhr früh wurden wir dann auch schon abgeholt. Dann ging es im Charterflieger nach Singapur, dort hatte ich 12 Stunden Aufenthalt, dann 13 Stunden Flug nach Frankfurt. Jetzt nach Düsseldorf, dann ausruhen – und am Mittwoch oder Donnerstag fahre ich nach Hause in den Hegau.

Etwas Erholung von den Strapazen. Wie geht es dann weiter?

Das ist nur eine kurze Pause. Am Samstag habe ich Geburtstag, da wird mit der Familie etwas gefeiert. Und dann geht der Fokus ganz schnell wieder auf die Bundesliga, Champions League und die noch anstehenden internationalen Turniere.

Und was sind Deine weiteren Ziele?

Natürlich will ich meine Bilanz in der Bundesliga ausbauen. Und in der Weltrangliste weiter vorrücken, was gar nicht so einfach ist, weil bei den Turnieren nur eine gewisse Anzahl an Spielern aus einem Land zugelassen sind. Und in Deutschland gibt es eben viele gute Spieler, da hätte ich es als Spanier beispielsweise einfacher. Aber ich mache mir jetzt keinen Druck, sondern versuche, mich Stück für Stück zu verbessern.