Selbst lernende Maschinen, die ihr Wissen mit anderen Maschinen teilen, Roboter, die Hand in Hand mit dem Menschen arbeiten, und Produktionsanlagen, die ihre Wartung einfordern, bevor ein Defekt entsteht: So sieht die Fabrik der Zukunft aus. Teilweise ist dieses Zukunftsszenario schon heute Realität.

Tiefgreifende Veränderung erwartet

Laut einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom, der die Interessen der digitalen Industrie vertritt, ist bereits heute jede vierte Maschine mit dem Internet verbunden. Jedes zweite Industrieunternehmen rechnet laut der Bitkom-Umfrage damit, dass maschinelles Lernen ihr Geschäftsmodell tiefgreifend verändern werde. „Künstliche Intelligenz erobert die Fabriken im Eiltempo. Sie hat das Potenzial, die Industrie zu revolutionieren“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg zum Auftakt der Hannover Messe in der niedersächsischen Landeshauptstadt.

Ein über eine Cloud gesteuerter Roboter tanzt am Messe-Stand des Unternehmens Ericsson zu Musik.
Ein über eine Cloud gesteuerter Roboter tanzt am Messe-Stand des Unternehmens Ericsson zu Musik. | Bild: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Die Industrie habe laut Berg mittlerweile die Auswirkungen und Chancen der Digitalisierung erkannt. So gaben in der Bitkom-Umfrage nur noch 3 Prozent der über 550 befragten Industrieunternehmen an, dass die Digitalisierung und Vernetzung der Produktion für sie kein Thema sei. Vor einem Jahr waren es mit 9 Prozent noch dreimal so viele Firmen. Große Veränderungen prognostizierte Berg vor allem der Autoindustrie. „Die Automobilhersteller und ihre Zulieferer sind die ersten, die mitten im digitalen Sturm stehen“, sagte der ehemalige Chef von Microsoft Deutschland. Unter dem Strich sei die Digitalisierung aber vor allem eine Chance. „Dem an Ressourcen armen und an Wissen reichen Standort Deutschland kann nichts besseres passieren“, sagte Berg.

VDE spricht von Abgesang

Deutlich pessimistischer schätzt der Verband der Elektrotechnik (VDE) die Zukunft der deutschen Wirtschaft ein. „Der Abgesang auf den Industriestandort Deutschland hat bereits begonnen“, sagte VDE-Chef Ansgar Hinz in Hannover. Die Marke „Made in Germany“ sei dabei zu verblassen. Es fehle Deutschland an Investitionen, der nötigen Infrastruktur und an Fachkräften, um die Herausforderung der Digitalisierung zu bewältigen. „Die Wettbewerbsposition im Vergleich zu Asien und den USA ist bescheiden“, so Hinz.

Kaum einer glaubt an Vorreiterrolle

Laut einer VDE-Umfrage unter 1300 Mitgliedsunternehmen glaubt nur ein Prozent der Firmen, dass Deutschland beim Thema künstliche Intelligenz eine Vorreiterrolle habe. Nur 4 Prozent der befragten Unternehmen sind der Meinung, dass genügend finanzielle Mittel zur Erforschung der künstlichen Intelligenz bereit gestellt würden. „Das Grundproblem ist, dass sich die deutsche Industrie lange auf ihren Erfolgen ausgeruht hat und damit verpasst hat, die die Digitalisierung auf allen Ebenen vorantreiben“, erklärte Ansgar Hinz.

Am Stand der Unternehmensgruppe Festo begrüßt ein Roboter einen Messe-Besucher mit Handschlag.
Am Stand der Unternehmensgruppe Festo begrüßt ein Roboter einen Messe-Besucher mit Handschlag. | Bild: Christophe Gateau/dpa

Als größtes Digitalisierungshindernis bezeichnete Hinz den Fachkräftemangel. „Dagegen spielen Faktoren wie der Brexit oder der Handelskonflikt mit den USA eine untergeordnete Rolle“, sagte Hinz. So brauche die Industrie in zehn Jahren 100 000 Elektroingenieure mehr als hierzulande ausgebildet werden. Auch der Verband Bitkom bezeichnete den Fachkräftemangel als große Hürde auf dem Weg zur klugen Fabrik. „Digitalisierung gelingt nur mit digital kompetenten Mitarbeitern“, so Berg.

Einig waren sich VDE und Bitkom, dass der strenge Datenschutz in Deutschland gelockert werden müsse, damit die künstliche Intelligenz (KI) ihr volles Potenzial entfalten könne. „Wir können eine KI nicht füttern, wenn wir keine Daten zur Verfügung haben“, betonte Berg.