Herr Pöter, die Politik diskutiert einen Förderstopp für neue Solaranlagen. Was würde das für Häuslebesitzer bedeuten?
Es würde bedeuten, dass für neue Anlagen die staatlich garantierte Einspeisevergütung, die die Solarstromerzeuger pro erzeugter Einheit Energie bekommen, wegfällt. Die Wirtschaftlichkeit der Anlagen würde dadurch rapide sinken. Der Neubau von Solaranlagen auf Einfamilienhäusern und Gewerbedächern ist in Gefahr.
Warum? Schon heute rentieren sich die Anlagen doch hauptsächlich über die Eigenstromerzeugung und nur in zweiter Linie über die Einspeisung von Strom ins allgemeine Netz...
Die staatlichen Vergütungen von aktuell gut 10 Cent pro Kilowattstunde sind immer noch wichtig. Etwa, wenn im Haushalt einfach nicht so viel Energie verbraucht werden kann, wie die Solaranlage liefert. Gerade jetzt im Sommer ist das öfter der Fall. Außerdem sind die Einspeisevergütungen entscheidend für die Kreditvergabe von Banken. Denn sie generieren verlässliche Einnahmen über die Dauer von 20 Jahren.
Solarstrom wird immer billiger. Bis wann ist eine Förderung für Solaranlagen überhaupt noch nötig?
Das kommt stark auf die Anlagengröße und –auslegung an. Erste große Freiflächenanlagen kommen schon heute ohne feste Einspeisevergütungen also ohne staatliche Förderung aus. Das gilt auch für Solaranlagen auf großen Gewerbedächern, deren Erzeugung direkt in den Eigenverbrauch fließt. Solaranlagen auf Kühlhäusern, deren Energie zur Kälteproduktion verwendet wird, sind so ein Fall. Kleine Hausanlagen haben aber andere Kostenstrukturen. Bei ihnen schlagen die steigenden Kosten für die Errichtung der Anlagen durch Handwerker stärker durch. Sie werden also noch eine Zeit lang auf Förderung angewiesen sein.
Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, müsste der Neubau von Solaranlagen stark an Geschwindigkeit zulegen. Jetzt will just jene Bundesregierung die Förderung kappen. Wie passt das zusammen?
Gar nicht. Um Deutschland 2030 mit 65 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien zu versorgen, bräuchten wir einen mindestens drei Mal so schnellen Solarausbau wie bisher. Wir brauchen mehr Solardächer, nicht weniger. Daher darf es auch nicht zu einem Förderstopp kommen.
Wann könnte der Förderstopp in Kraft treten?
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) regelt einen Förderstopp, sobald 52 Gigawatt Solarleistung in Deutschland installiert ist. Dieser Deckel wird wahrscheinlich Mitte bis Ende 2020 erreicht sein. Die Zeit drängt also. Insbesondere da wir jetzt schon sehen, dass Projekte aufgrund der Unsicherheit zurückgestellt werden. Das bremst die Solarbranche schon jetzt aus. Der Solar-Deckel muss weg.
In Baden-Württemberg, aber auch in Nordrhein-Westfalen wird gerade eine Solardachpflicht für Neubauten diskutiert. Was halten Sie davon?
In einigen Städten, etwa in Waiblingen bei Stuttgart oder in Tübingen, hat der Stadtrat solche Bauvorschriften schon verabschiedet. Auch Konstanz hat eine entsprechende Vorschrift für größere Dachflächen eingeführt. Wir begrüßen das. Allerdings sollte dann auch sichergestellt werden, dass die Anlagen rentabel betrieben werden können. Ein Stopp der Solarförderung macht also auch aus diesem Blickwinkel überhaupt keinen Sinn.
Zur Person
Franz Pöter (44) ist Geschäftsführer der Branchenvereinigung Solar Cluster Baden-Württemberg. Er hat in Konstanz studiert und war später Referent beim BUND. Von 50 000 Solar-Beschäftigten im Bundesgebiet arbeiten allein 10 000 im Südwesten. Rund 1000 Unternehmen zwischen Hohenlohe, Schwarzwald und Konstanz verdienen mit Sonnenstrom ihr Geld. Die Solar-Maschinenbauer wie Rena, Centrotherm, Manz, Schmid oder Kaco aus dem Land sind zudem weltweit mit führend. (wro)