Was macht ein erfolgreiches Gasthaus aus? Ein Blick in eine alte Chronik gibt die Antwort: "Freilich soll das Essen munden und das Biere in der richtigen Temperatur kredenzet werden", heißt es in einem historischen Ratgeber aus dem Jahr 1860. Wirt und Wirtin sollten darüber hinaus "ein offenes Ohr für die Sorgen ihrer Gäste haben, zuhören und Rat geben, ohne zu bevormunden". Und sie sollten "bei traurigen Anlässen mithelfen, den Kummer durchzustehen".

Umsatz pro Zeiteinheit?

Wie sich die Zeiten geändert haben. Nach landläufiger Meinung hat heute derjenige Erfolg, der den Umsatz pro Zeiteinheit und Sitzplatz maximiert und die Kosten der Speisen durch Standardisierung minimiert. Auf die Spitze getrieben hat dieses Prinzip die Systemgastronomie US-amerikanischer Prägung. Hier wird dem Gast die Rechnung untergeschoben, sobald er den Expresso-Löffel auf die Untertasse sinken lässt. Ansonsten gilt die Devise: Kein Wort zu viel, denn das ist ja gratis.

Institutionen des dörflichen Miteinanders

Aber geht es nicht auch anders? "Natürlich", sagt Frank Joachim Ebner. Seit mehr als einem Jahrzehnt untersucht der Freizeit-Kulturwissenschaftler die Methusalems der deutschen Wirtshauskultur, also jene Schwemmen, Kneipen, Schänken und Herbergen, die sich aus irgendeinem Grund zu Institutionen des dörflichen Miteinanders entwickelt haben und jedweder Trend-Gastronomie trotzen. Speziell in Baden gebe es noch einige dieser Betriebe, sagt Ebner.

Bürokratische Vorschriften

Doch nicht alle schaffen das. Die Zahl der Gastronomiebetriebe im Land sinkt seit Jahren. In Südbaden haben im letzten Jahrzehnt bis zu fünfzehn Prozent der Schänken den Löffel abgegeben. Die offensichtlichen Probleme, mit denen die Wirtshäuser zu kämpfen haben, sind bürokratische Vorschriften, zu starre Arbeitszeitgesetze und Dokumentationspflichten. Und der grassierende Mangel an guten Köchen und fähigem Service-Personal. Fast noch wichtiger aber ist: Immer seltener ist das Wirtshaus der zentrale Sammlungspunkt des Dorfes, wie er bereits im 19. Jahrhundert beschrieben wurde. Wo dieser Charakter erhalten geblieben ist, läuft es fast immer rund.

Diese Gasthäuser in der Region haben eine jahrhundertelange Tradition

  • Die Scheffellinde in Blumberg: Erstmals im Jahr 1543 erwähnt, ist die Scheffellinde in Blumberg-Achdorf sowieso eines der ältesten Wirtshäuser im Land. Besonders wird der Betrieb aber, weil er sich seit 19 Generationen in Familienbesitz befindet. Fürs schnelllebige Gastgewerbe eine Ewigkeit. Ihren Erfolg machen die Besitzer am Hang zur heimischen Küche und der Tradition der Gemäuer fest, die schon auf den Dichter Joseph Victor von Scheffel inspirierend gewirkt haben soll.
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    Bild: Holger Niederberger
  • Das Bad in Eisenbach: Die Anfänge des Hotels Bad in Eisenbach nahe Donaueschingen datieren irgendwann zwischen 1570 und 1662. So genau können das die Wirte heute nicht mehr sagen. Jedenfalls wurde die gute Stube des Hauses von Anfang an als Gasthof genutzt. Später dann wurde ein Bäderbetrieb angegliedert, und man füllte gewerblich Mineralwasser ab. Heute hat sich das Haus einen Namen als Treffpunkt für Bogensportfreunde gemacht.
  • Das Barbarossa in Konstanz: Direkt nach dem Konstanzer Konzil der Jahre 1414 bis 1418 wurde das Gebäude des heutigen Hotelrestaurants Barbarossa in der Konstanzer Innenstadt als „Wirtschaft mit Tanzboden“ erwähnt. Als Wirt wurde ein Ulrich im Kämlin verzeichnet, dem der damalige Stadtrat erlaubte, seinen eigenen Wein innerhalb des Hauses auszuschenken. Nach mehreren Besitzerwechseln ist das Barbarossa seit 1874 in Familienhand und damit eines der traditionsreichsten Häuser am Platz. Die interessanteste Speise ist heute sicher das „Nonnenfürzle“ – ein leichter Nachtisch.
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    Bild: Verein historische Gasthäuser
  • Der Ahorn in Schwärzenbach: Seit Menschengedenken lässt es sich im Gasthaus Ahorn in Schwärzenbach, nahe Titisee-Neustadt, gut bürgerlich speisen. Schon im 13. Jahrhundert gab es an dieser Stelle auf deutlich über 1000 Metern über null einen Gasthof. Seit wie vielen Generationen der Ahorn schon in Familienbesitz ist, wissen die Wirte Frank und Rainer Benz nicht so genau. Dass es auch heute noch fast jeden Tag etwas zu essen gibt, allerdings schon.
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    Bild: Verein historische Gasthäuser
  • Der Löwe in Meersburg: „500 Jahre jung“ sei ihr Gasthof, sagen die Wirte der Hotel-Weinstube Löwen in Meersburg. Das prachtvolle ockerrote Gebäude gehört zum Inventar der Bodensee-Stadt genauso wie das Schloss oder das Staatsweingut. Mit dem Habsburger Joseph II. soll auch ein deutscher Kaiser hier gespeist haben. Heute zieht es Touristen, aber auch viele Einheimische in die mit Zirbenholz getäfelte Gaststube oder auf die Sonnenterrasse.
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    Bild: Verein historische Gasthäuser
  • Der Rote Bären in Freiburg: Das Gasthaus „Zum Roten Bären“ hat viel gesehen. Den Aufstieg und Fall der Zünfte, den Dreißigjährigen Krieg – seit über 630 Jahren ist die Gaststätte in Freiburg eine Institution und nebenbei das älteste Wirtshaus Deutschlands. Seit der ersten urkundlichen Erwähnung 1387 haben sich 50 Wirte den Bierkrug in die Hand gegeben. Die Gemäuer des Hauses reichen bis ins Jahr 1000 zurück. Küchenchef Albert Schweizer kredenzt heute Saisonal-Frisches, vornehmlich aus der Region.
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    Bild: Verein historische Gasthäuser
  • Die Krone in Rielasingen: Von außen schmuck und modern, ist der Kern des heutigen Hotel-Restaurants Krone in Rielasingen-Worblingen uralt. Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Haus im Jahr 1345. Seit weit über 200 Jahren ist es nachweislich ein Gasthaus. Heute wird es in vierter Generation von der Familie Gnädinger geführt, die neben klassischer Hausmannskost auch „Eglifilet in Mandelbutter“ oder einen „Balkan-Spieß“ serviert.
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    Bild: Feuerstein-Fotografie
  • Landgasthof Rebstock in Stühlingen: Die These, dass frische Luft hungrig macht, findet sich in Stühlingen, nahe der Schweiz, bestätigt. Dort überdauert seit Jahrhunderten das Wirtshaus Rebstock. In einer Urkunde aus dem Jahr 1368 wird es erstmals erwähnt – als „Schänke“ und „Schildwirtschaft“, die mit dem Privileg zum „metzgen, backen, und Gästen warme Speisen vorzusetzen sowie Fremde zu beherbergen“ ausgestattet ist. Das tut die Wirtschaft noch heute – exakt 650 Jahre später.
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    Bild: Verein historische Gasthäuser (gratis)