Der Chef des Panzermotorenbauers Rolls-Royce-Power-Systems (RRPS), Jörg Stratmann, muss in den Verhandlungen um eine weitere Amtszeit an der Spitze des Unternehmens eine Schlappe hinnehmen. Wie das in Friedrichshafen am Bodensee ansässige Unternehmen am Freitag mitteilte, werde sein Vertrag bis 14. November 2027 verlängert. Der RRPS-Aufsichtsrat setze damit auf „Kontinuität in der Führung“, wie es vom Unternehmen hieß.

Zwei Jahre Laufzeit für amtierende Vorstände ist ungewöhnlich

Startmann hatte sein Amt am 15. November 2022 angetreten und war in Nachfolge seines zum Versorger EnBW gewechselten Vorgängers Andreas Schell mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet worden. Das ist in deutschen Konzernen üblich.

Kommt es in der Folge zu einer Vertragsverlängerung, wird meist über weitere drei Jahre, teilweise auch über eine Dauer von fünf Jahren, nachgelegt. Dass Stratmann vom Aufsichtsrat jetzt nur einen Folgevertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren bis November 2027 eingeräumt wurde, ist ungewöhnlich.

„Üblicher Vorgang“?

Auf SÜDKURIER-Nachfrage sagte eine Unternehmenssprecherin, bei der Vertragsverlängerung handele es sich um einen „üblichen Vorgang“. Zugleich verwies sie auf die britische Konzernmutter Rolls-Royce. Im Ausland gibt es bei der Bestellung von Vorständen teils von der deutschen Praxis abweichende vertragliche Regelungen.

Aus informierten Kreisen verlautete indes, bei der kurzen Laufzeit handele es sich „nicht um einen Vertrauensbeweis“ des Aufsichtsrats gegenüber Stratmann. Vielmehr sei der Vorgang auch für Firmen mit ausländischer Muttergesellschaft ungewöhnlich und deute auf Schwierigkeiten hin. Dazu passt, dass Stratmann ungewöhnlich lange auf seine Vertragsverlängerung warten musste.

Thelse Godewerth, RRPS-Personalverständin: Vertrag vorzeitig bis 2028 verlängert.
Thelse Godewerth, RRPS-Personalverständin: Vertrag vorzeitig bis 2028 verlängert. | Bild: Ines Janas

Während seine beiden Vorstandskollegen Thelse Godewerth und Andreas Strecker ihre Verträge vom RRPS-Aufsichtsrat vorzeitig bis ins Jahr 2028 verlängert bekamen, musste Startmann offenbar Extrarunden drehen.

Andreas Strecker, RRPS-Finanzvorstand: Vertrag vorzeitig bis 2028 verlängert.
Andreas Strecker, RRPS-Finanzvorstand: Vertrag vorzeitig bis 2028 verlängert. | Bild: Rolls-Royce Power Systems

Ein Anzeichen: Vertragsangelegenheiten von Top-Führungskräften folgen einem genauen Drehbuch, weil jede Abweichung Anlass zu Spekulationen oder Hinweise auf Knatsch gibt. Um dafür keinen Anlass zu geben, verlängern Aufsichtsräte Vorstandsverträge im Normalfall ein Jahr oder mindestens neun Monate im Voraus. Im vorliegenden Fall betrug der Vorlauf bestenfalls ein halbes Jahr.

Welche Rolle spielte die Besuchs-Affäre?

Grund für die Verzögerung könnte ein Vorfall sein, der sich am 11. Oktober 2024 abgespielt haben soll. Wie nach SÜDKURIER-Recherchen im Februar bekannt wurde, soll Stratmann an diesem Tag für sich und knapp ein Dutzend Familienmitglieder eine Führung durch mehrere RRPS-Werke organisiert und dafür umfangreiche Ressourcen des Unternehmens genutzt haben.

Durch den Vorgang sei auch gegen Unternehmensrichtlinien verstoßen worden. Das habe zu Unmut in Teilen der Belegschaft und im Aufsichtsrat geführt, heißt es von informierter Seite.

Eine RRPS-Sprecherin sagte am Freitag, zwischen den geschilderten Ereignissen und der jetzt erfolgten Vertragsverlängerung gebe es keinen Zusammenhang.