Ginge es rein nach der Ökonomie, so müsste Friedrichshafen in „Ferdinandshafen“ umbenannt werden. Denn seinen Aufstieg zum wohlhabenden Industriestandort verdankt die Stadt der kuriosen Idee eines pensionierten württembergischen Kavallerie-Generals und geborenen badischen Konstanzers: Ferdinand Graf von Zeppelin (1838-1917).
Ein Teil der Familie hat beste Laune
Ob neue Luftschiffe, Panzer- und Schiffsmotoren, Hightech-Getriebe oder Baumaschinen-Handel – für ein ganzes Konzerncluster standen die Luftschiffe des legendären Grafen Pate.
Manche Familienmitglieder sind – wie die einstige „Zahnradfabrik“ ZF – in schwieriges Fahrwasser geraten. Doch anderen Urenkeln wie dem Motorenhersteller MTU geht es so gut, dass Auftragsbücher voll und neue Mitarbeiter begehrt sind. Das gilt auch für die Zeppelin GmbH, die unter anderem Baufirmen mit Baggern und Ladern versorgt.

Daher kann Matthias Benz, Vorsitzender der Geschäftsführung, bei der Feier zum 75. Jahrestag der Gründung des Unternehmens 1950 gute Laune und viel Optimismus verbreiten. Das liegt zunächst am 500-Milliarden-Euro Investitionspaket der Bundesregierung, das die Nachfrage an Baumaschinen befeuert.
Hier sitzt der Zeppelin-Konzern in einem Boot mit dem US-Hersteller Caterpillar (zu deutsch „Raupe“), dessen Maschinen man in der seit 1954 bestehenden Partnerschaft in Deutschland und bis nach Mittelasien vertreibt, verleiht und betreut.

Benz zieht in der Investitionsoffensive im Gespräch mit dem SÜDKURIER „eine Belebung für die gesamte Bauindustrie“ von der auch Zeppelin durch steigendes Interesse an neuem schweren Gerät profitiert.
Das beflügelt auch den Bedarf an neuen Mitarbeitern, von denen es im Konzern weltweit 12.000 gibt. „Wir suchen dringend Servicetechniker“, sagt Benz ist aber optimistisch, dass man sie einsammeln kann. Dabei helfe Zeppelin auch die unter Druck geratene Automobilindustrie im Südwesten, die Arbeitskräfte freisetzt.

Der Vorstandschef verschweigt indes nicht, dass sich die neuen Kräfte auf veränderte Arbeitsbedingungen einstellen müssen. Wer Baumaschinen im Einsatz betreut, müsse hinaus zu den Kunden und auch mal auf einer schlammigen Baustelle oder Kiesgrube arbeiten.
Auf eine gewisse Wetterfestigkeit legt man bei Zeppelin also Wert. Benz betont: „Man bekommt in 24 Stunden 98 Prozent aller Ersatzteile von uns.“ Innerhalb von drei Stunden müsse ein Servicetechniker an der Maschine sein. Stillstand am Bau kostet Geld.
„Die Verwaltung kommt nicht nach“
Bei Zeppelin steht man für die Offensive bereit. Das Problem für Matthias Benz heißt indes Bürokratie, über die in deutschen Firmen massenhaft geklagt wird. Vorschriften und Regulierung sind Sand im Getriebe der Wirtschaft, vor allem dann, wenn man – wie beim Straßen- und Brückenbau der Fall – nicht von privaten, sondern von staatlichen Bauherren abhängig ist. „Die Verwaltung kommt nicht nach“, ärgert sich der Manager. Das Fehlen von Bauingenieuren und Planern in öffentlichen Ämtern verzögert Projekte, für die das Geld längst bewilligt ist.

„Wir müssen dringend an die Bürokratie ran“, fordert der Zeppelin-Chef. Zwar werde „oben in der Politik“ viel versprochen. Doch der Behörden-Apparat schaffe es, das ganze Thema „kleinzuhäkseln“ So komme unten nur zehn Prozent von dem an, was oben versprochen worden ist. Dennoch lässt sich Benz auch davon nicht entmutigen, sondern glaubt an das Veränderungspotenzial in Deutschland.
Geld, Wissen und Technik seien nun zur Genüge vorhanden, sagt er. „Jetzt muss man die Dinge nur machen.“ Wer große Schaufelbagger verkauft, kommt um einen gewissen Optimismus nicht herum. 75 Jahre nach dem Neustart bei Zeppelin steht man in Friedrichshafen wieder auf dem Gas.

Das betrifft auch die Geschäfte im Ausland: Erst im Juni übernahm Zeppelin den niederländischen Fahrzeug-Handelskonzern Pon Holdings B.V. für einen dreistelligen Millionenbetrag. Das Umsatzvolumen wird dadurch auf mehr als fünf Milliarden Euro wachsen. Und erstmals in der Geschichte spricht die Mehrheit der Zeppelin-Beschäftigten kein Deutsch als Muttersprache.