Ein Unternehmen mit Sitz am Bodensee baut seine Produktionskapazitäten in den USA aus – da liegt der Schluss nahe, dass diese Entscheidung mit den Strafzöllen des US-Präsidenten Donald Trump zusammenhängt. Beim in Friedrichshafen ansässigen Motorenbauer Rolls-Royce Power Systems (RRPS) ist dies jedoch nicht der Fall.
Entscheidung schon vor der Wahl gefallen
Wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht, erweitert RRPS seine Produktionskapazitäten für MTU-Motoren der Baureihe 4000 in Aiken im US-Bundesstaat South Carolina mit einer Investition von 75 Millionen US-Dollar. Mit Donald Trump und seiner Zollpolitik habe das jedoch nichts zu tun, sagt ein Sprecher des Unternehmens gegenüber dem SÜDKURIER: „Diese Entscheidung ist schon vor längerer Zeit und vor der US-Wahl gefallen.“
Die Hälfte der großen Rechenzentren ständen in den USA, diese wolle man schnell und flexibel beliefern, so der Sprecher weiter. Alle großen Betreiber seien Kunden von RPPS, laut Mitteilung werden zudem auch kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser beliefert. Bereits im Juni hatte das Unternehmen eine Erweiterung seines Werks in Mankato, Minnesota für 24 Millionen US-Dollar bekannt gegeben.
Dort werden die in Aiken produzierten Motoren zu Notstromaggregaten verbaut. „Der Ausbau in Aiken ist nun die logische Konsequenz daraus“, erklärt der Sprecher. Auch in der Mitteilung heißt es: „Derzeit werden die meisten Komponenten in Deutschland gefertigt und einbaufertig in die USA geliefert. Damit die Nachfrage befriedigt werden kann, ist eine zusätzliche Bearbeitung im Inland unerlässlich.“
Ein Aggregat kann 1000 Waschmaschinen betreiben
Durch die zunehmende Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) steige der Bedarf an Rechenzentren und damit auch an gesicherter Stromversorgung. Deshalb wolle RRPS direkt am Markt in den USA sein – in China, wo es ebenfalls ein großes Wachstum an Rechenzentren gebe, sei das genauso, so der Sprecher. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz mit Stromerzeugungsprodukten für den Rechenzentrumssektor um fast 50 Prozent gestiegen, heißt es in der Mitteilung.
Für die großen Rechenzentren benötige es mehrere Notstromaggregate, teilweise in zweistelliger Zahl, erklärt der Sprecher zur Einordnung. Ein Aggregat habe eine Leistung von bis zu 3,5 Megawatt (MW). Zum Vergleich: „Eine Waschmaschine im Kochwaschgang benötigt 3 Kilowatt (kW). Rein rechnerisch könnte also ein MTU-Notstromaggregat um die 1000 Waschmaschinen parallel betreiben“, sagt der Sprecher. Dementsprechend müsse auch bei der schieren Größe eines Notstromaggregats in Dimension von Fußballfeldern gedacht werden.
Durch die Erweiterung des Werks in Aiken schaffe RRPS 60 neue Arbeitsplätze, heißt es in der Pressemitteilung. Dadurch steige die Gesamtzahl der dort Beschäftigten auf 434. In Mankato seien im Zuge der dortigen Erweiterung im Juni ebenfalls 100 neue Arbeitsplätze entstanden. Der Beginn der ersten Bauphase soll im ersten Quartal 2026 sein, die Produktion soll im Juli 2027 anlaufen. Seit 2010 produziert RRPS auf dem 37.000 Quadratmeter großen Campus in Aiken.