Die Prüfungen sind bestanden, das Zeugnis in der Hand, die Schulzeit ist vorüber – und nun? Vor dieser Frage stehen wie jedes Jahr die Absolventen der Schulen. Ausbildungsbetriebe werben damit, dass bei ihnen sofort Geld verdient und gearbeitet werden kann, anders als bei einem Studium.

Bei vielen Unternehmen beginnt das Ausbildungsjahr am 1. August, bei anderen können sich Interessierte noch bis in den Herbst hinein bewerben. Wie groß ist das Interesse in diesem Jahr und wo gibt es noch offene Stellen? Der SÜDKURIER hat sich in der Region umgehört.

Handel verzeichnet Plus

Laut Online-Ausbildungsplatzbörse der Handwerkskammer Konstanz sind in den fünf Landkreisen des Kammergebiets 614 freie Stellen gemeldet. Besonders hoch ist der Bedarf im Beruf Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, dort gibt es noch 72 freie Stellen. Auch bei den Elektronikern gibt es noch 55 freie Stellen zu vermelden.

Wie Petra Schlitt-Kuhnt von der Handwerkskammer auf Nachfrage des SÜDKURIER erklärt, seien im Juni 790 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen worden, 100 mehr als im Vorjahresmonat. Diese Zahl schwanke allerdings, wirklich aussagekräftig sei erst die Abschlusszahl am Ende des Jahres.

Petra Schlitt-Kuhnt ist Sprecherin bei der Handwerkskammer Konstanz.
Petra Schlitt-Kuhnt ist Sprecherin bei der Handwerkskammer Konstanz. | Bild: Handwerkskammer Konstanz

Auch Alexandra Thoß, Geschäftsführerin des Fachbereichs Ausbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee, kann einen Anstieg vermelden: „Ende Juni lag die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr um rund acht Prozent höher.“ Ob sich dieser Trend bis zum offiziellen Ausbildungsbeginn fortsetze, lasse sich jedoch noch nicht prognostizieren. Erfreulich sei besonders das Plus, das der Handel bei den abgeschlossenen Verträgen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichne.

Berufsfelder im Wandel weniger gefragt

Bereits jetzt könne man sagen, dass die Zahl der kaufmännischen Ausbildungsverhältnisse im Vergleich zu den gewerblich-technischen deutlich gestiegen sei. „Dies spiegelt die derzeitige konjunkturelle Lage sowie die Herausforderungen in der Automobilbranche wider. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet der kaufmännische Bereich ein Plus von 11,6 Prozent“, berichtet Thoß. Auch mit dem Einzelhandel sei man sehr zufrieden, dort gebe es ein Plus von 26,3 Prozent bei Verkäufern und von 20 Prozent bei Kaufleuten im Einzelhandel.

Alexandra Thoß ist Geschäftsführerin des Fachbereichs Ausbildung bei der IHK Hochrhein-Bodensee.
Alexandra Thoß ist Geschäftsführerin des Fachbereichs Ausbildung bei der IHK Hochrhein-Bodensee. | Bild: Herbert Weniger

Den hohen Bedarf im Handel und Verkauf kann ein Sprecher der Agentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg für den Landkreis Konstanz bestätigen. Ebenfalls ungebrochen hoch sei der Bedarf in den Branchen Arzt- und Praxishilfe sowie in der Lagerei. In den Bereichen Informatik und Programmierung, Verwaltung oder in der Energietechnik gebe es sogar mehr Bewerber als Plätze. Weniger stark gesucht seien Auszubildende in Berufsfeldern, die gerade einem größeren Wandel unterlägen, wie Fotografie, Mediengestaltung und Drucktechnik.

Der Sprecher der Bundesagentur für Arbeit berichtet von einem derzeit zweigeteilten Arbeitsmarkt: „Wir sehen zum einen, dass die Unternehmen im Landkreis Konstanz trotz oder gerade aufgrund einer komplizierteren Arbeitsmarktlage auf den eigenen Nachwuchs setzten und weiterhin Auszubildende suchen.“ Jedoch sehe man auch, dass Betriebe teilweise mit Zurückhaltung auf die angespannte Arbeitsmarktlage reagierten.

Steigende Zahlen nach Corona-Tief

Bei den Zahlen der Handwerkskammer ist ein positiver Trend zu erkennen. Vergangenes Jahr haben sich 1654 Menschen für das Handwerk entschieden, eine höhere Zahl wurde zuletzt 2019 erreicht. Sprecherin Petra Schlitt-Kuhnt sagt dazu: „Sichtbar wird, dass sich nach dem Corona-Tief 2021 die Zahlen wieder stabilisieren und stetig wachsen. Wir gehen auch davon aus, dass junge Menschen vermehrt auf der Suche nach einem Beruf sind, bei dem sie mitdenken, mit anpacken und Verantwortung für die Zukunft übernehmen können.“