Ein Hauch Ehrfurcht schwingt in Kai Lebrechts Stimme mit, wenn er vom Feldbergturm auf das vor sich ihm ausbreitende Panorama blickt und über seine neue Aufgabe spricht. „Ich habe in meinem Berufsleben schon mehr Mitarbeiter als hier am Feldberg unter meiner Führung gehabt – aber keine Position hat mich so mit Stolz erfüllt, wie diese“, sagt der neue Geschäftsführer der Feldbergbahnen GmbH.

Diese Worte mögen überraschen, gestaltet sich Lebrechts neue Aufgabe von außen betrachtet nicht gerade leicht. Lebrechts Vorgänger Julian Probst, der den Feldberg laut Pressemitteilung aus persönlichen Gründen verlassen habe, musste mit Schneemangel und daraus resultierenden Finanznöten kämpfen. Warum also fühlt sich Lebrecht dafür gewappnet, diesen Berg an Problemen anzugehen?

Natur, so weit das Auge reicht: Kai Lebrecht blickt auf sein neues Aufgabengebiet.
Natur, so weit das Auge reicht: Kai Lebrecht blickt auf sein neues Aufgabengebiet. | Bild: Marvin Nagel

„Normalbetrieb ist gesichert“

Dass es nicht leicht wird, ist ihm klar: „Wir haben bei unserer Haupteinnahmequelle, der Skisaison, viele Unwägbarkeiten, allen voran das Wetter, aber auch Personalprobleme. Wenn bei uns ein Fahrer einer Pistenraupe ausfällt, findet sich nicht so schnell ein Ersatz. Auch werden die Anforderungen immer höher, etwa an Brandschutz und Sicherheit.“ Deswegen sei es umso wichtiger, jetzt alles dafür zu tun, das Skigebiet für die Saison von Dezember bis März optimal vorzubereiten.

Denn wenn im Winter am Feldberg Kaiserwetter herrscht, dann sollen möglichst alle Lifte laufen und alle Pisten befahrbar sein. „In der Vergangenheit war das nicht immer so, etwa wegen kurzfristiger Reparaturen“, erklärt Lebrecht. Deshalb gehe es jetzt darum, das komplette Skigebiet zu überprüfen. „Wir wollen nicht Gefahr laufen, im Winter bei bestem Wetter einen Lift oder eine Piste wegen Reparaturarbeiten schließen zu müssen.“

Seit August ist Kai Lebrecht im Amt. Der Freiburger bringt langjährige Erfahrung in der Unternehmensführung mit. Bei einem ...
Seit August ist Kai Lebrecht im Amt. Der Freiburger bringt langjährige Erfahrung in der Unternehmensführung mit. Bei einem Seilbahnenbetrieb war er jedoch noch nie. | Bild: Marvin Nagel

Reicht das, um die Existenz des Skigebiets weiter zu sichern? Im vergangenen Jahr hatten sowohl Susanne Gilg, Pressesprecherin von St. Blasien und der Feldberger Bürgermeister Johannes Albrecht erklärt, dass ein weiterer schlechter Winter die Insolvenz für die Feldbergbahnen bedeuten könne. Die Gemeinden St. Blasien und Feldberg teilen sich zusammen mit der Gemeinde Todtnau als Gesellschafter die Lifte der Feldbergbahnen in Fahl.

Kai Lebrecht kann hier für Entwarnung sorgen: „Der Normalbetrieb ist gesichert. Für Investitionen brauchen wir dann aber auch einigermaßen passable Winter. Bei schlechteren Wintern muss man dann schauen, welche Investitionen man sich noch leisten kann.“ Mittlerweile sei der Feldberg aber im Sommer so beliebt, dass man durch die Bahn und Veranstaltungen Einnahmen erziele, welche die Fixkosten des Sommers deckten.

Beschneiung muss auf den Punkt funktionieren

Zu einer möglichen Insolvenz erklärt Lebrecht, dass der Winter, der diesen Aussagen vorausging, besonders schlecht gewesen sei. Zudem habe die Beschneiung mit Kunstschnee aufgrund von technischen und organisatorischen Problemen in der Vergangenheit nicht richtig funktioniert.

Der vergangene Winter sei der erste mit einer vernünftigen Beschneiung gewesen, diesen gilt es nun zu toppen: „Wenn wir im November unseren Testlauf machen, müssen alle da sein. Es gibt nicht so viele Tage, an denen die Bedingungen zum Beschneien gut sind. Wenn diese Tage kommen, muss alles reibungslos laufen und jeder dafür benötigte Mitarbeiter verfügbar sein.“

Schneekanonen, hier im Winter 2022, sollen helfen, die Pisten auch bei geringen Schneemengen befahrbar zu halten. In der Vergangenheit ...
Schneekanonen, hier im Winter 2022, sollen helfen, die Pisten auch bei geringen Schneemengen befahrbar zu halten. In der Vergangenheit hat das nicht immer funktioniert. | Bild: Sebastian Barthmes

Um dies zu gewährleisten, lasse er Mitarbeiter im Sommer auch länger in den Urlaub gehen, damit sie im Winter voll verfügbar seien. Davon kann in Jahren mit geringen Schneemengen auch der der Erfolg der weiteren Skisaison abhängen. Denn, wie Lebrecht erklärt: „Zwei Zentimeter mehr Kunstschnee im Januar könnten bis in den März hinein reichen.“

Sein Team und die Feldbergbahnen auf die Saison vorzubereiten, dazu sieht sich der 61-Jährige auch auf Grund seines beruflichen Werdegangs bestens in der Lage. Der gebürtige Freiburger ist Betriebswirt. Prozesse optimieren und die Unternehmensführung sind sein Steckenpferd, auch im Marketing kennt er sich aus. Zuletzt war er im Interimsmanagement bei einem Unternehmen für Verkaufsautomaten verantwortlich für die Digitalisierung, davor bei einem Start-Up im Automobilbereich.

Die Natur war bis jetzt immer sein Ausgleich, nun hat er das erste Mal auch beruflich in und mit ihr zu tun. Vor den Problemen verschließt er dabei nicht die Augen – sieht aber die Chancen, die am Feldberg liegen.

Einnahmen im Sommer sind gestiegen – aber es geht noch mehr

Eine davon ist der Sommertourismus. „Wir haben hier so viele Möglichkeiten, den Menschen unabhängig vom Schnee einen Erlebniswert zu bieten“, sagt Lebrecht. Die Feldbergbahnen seien zu jeder Jahreszeit ein Tourismusmagnet. Dieses Bild will Lebrecht in Zukunft noch stärker nach außen vermitteln. Noch zu wenige Menschen wüssten, dass die Feldbergbahnen bis auf eine kurze Revisionsphase das ganze Jahr fahren.

Auch im Sommer fahren die Feldbergbahnen. In Zukunft sollen das noch mehr Menschen wissen, Kai Lebrecht will das Skigebiet als ...
Auch im Sommer fahren die Feldbergbahnen. In Zukunft sollen das noch mehr Menschen wissen, Kai Lebrecht will das Skigebiet als Ganzjahresgebiet bekannt machen. | Bild: Marvin Nagel

Es gebe schon Veranstaltungen im Sommer, wie etwa ein Gondelfrühstück, aber Lebrecht merkt kritisch an: „Da haben wir noch eine ganze Menge an kommunikativen Aufgaben zu bewältigen. Wir möchten uns da noch breiter aufstellen und noch mehr anbieten.“ Trotzdem habe man diesen August schon 15 Prozent mehr Einnahmen zu verzeichnen als im Vorjahr.

Die ersten positiven Nachrichten, die Kai Lebrecht vermeldet, passen zu der von ihm vermittelten Aufbruchstimmung. Selbst komme er noch gar nicht richtig dazu, die Natur an seinem neuen Arbeitsplatz zu genießen, die meiste Zeit verbringe er im Büro. Auch deswegen kann er den Beginn der Wintersaison kaum erwarten: „Ich habe mir sagen lassen, dass man mit den Skiern im Winter hier schneller von A nach B kommt als mit dem Auto. Ich freue mich jetzt schon darauf, das auszuprobieren“, sagt er und lacht.