Immer wieder geistern Gerüchte durch die sozialen Medien, bei denen sich die Nutzerinnen und Nutzer fragen: Stimmt das? Zuletzt sorgte die Behauptung, dass Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) das Kindergeld abschaffen möchte, für Aufregung. Beim Faktencheck stellte sich heraus, dass dieser Plan frei erfunden wurde. Nun sorgt eine weitere Meldung für Aufsehen, die von mehreren Accounts in die Social-Media-Welt getragen wurde. Das Bürgergeld soll bald auch in die Ukraine überwiesen werden, wird behauptet. Und wieder heißt es: Stimmt das?
Die Behauptung: Bürgergeld kann in die Ukraine ausgezahlt werden
In mehreren sozialen Netzwerken wurden zuletzt Videos verbreitet, die von einer angeblich neuen Regelung beim Bürgergeld berichteten. „Ab dem 1.6.2025 kann Bürgergeld direkt in die Ukraine ausgezahlt werden“, heißt es. Demnach soll Bürgergeld an ukrainische Staatsbürger überwiesen werden, die Deutschland verlassen haben und sich wieder in ihrem Heimatland aufhalten. Hinter der Änderung beim Bürgergeld sollen Friedrich Merz und die CDU stecken.
Der angebliche Hintergrund der Idee: Der Bundeskanzler und seine Partei würden Migration reduzieren wollen, indem sie „finanzielle Hilfe vor Ort“ leisten. Auf mehreren Kanälen wird in diesem Zuge behauptet, dass Personen mit einem gültigen ukrainischen Pass lediglich einen Antrag bei einem Jobcenter stellen müssten. Das sei auch online möglich.
Die Behauptungen wurden von Kanälen verbreitet, bei denen es zunächst nicht ersichtlich war, ob Privatpersonen, Unternehmen oder Organisationen dahinterstehen. Auffällig ist, dass die Videos mit künstlicher Intelligenz erstellt wurden, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.
Der Faktencheck: Bürgergeld soll nicht aus der Ukraine beantragt werden können
Die dpa hat die Behauptung einem Faktencheck unterzogen – und kommt dabei zu einem klaren Schluss: „Die Nachricht ist frei erfunden.“ Es gebe keine Gesetzesänderung, die ein entsprechendes Vorhaben zum 1. Juni 2025 vorsehen würde. Tatsächlich ist keine derartige Regelung im Bundesgesetzblatt aufgelistet, in dem alle Gesetzesänderungen für die Öffentlichkeit ersichtlich sind.
Wenn man sich die Kabinettsbeschlüsse ansieht, wird ersichtlich, dass das Bundeskabinett um Merz ein derartiges Vorhaben auch noch nicht auf den Weg gebracht hat. Die dpa hat bei der Bundestagsfraktion von CDU und CSU nachgefragt, ob Bürgergeld tatsächlich direkt aus der Ukraine beantragt werden soll. Die Antwort der Pressestelle: „Es gibt dazu keinerlei Pläne, Diskussionen oder gar Gesetzesinitiativen vonseiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.“
Das Fazit: Es handelt sich um eine Falschmeldung.
Bürgergeld für Ukrainer – wie ist die Lage?
Aktuell können Ukrainerinnen und Ukrainer, die wegen des Krieges aus ihrem Heimatland geflohen sind, in Deutschland Sozialleistungen beziehen. Zu diesen gehört das Bürgergeld. Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BMF) können bedürftige ukrainische Geflüchtete Bürgergeld beantragen wie deutsche Staatsbürger auch. Voraussetzung ist eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Fiktionsbescheinigung der Ausländerbehörde. Letztere erhalten Geflüchtete, bei denen noch nicht über einen Aufenthaltstitel entschieden werden konnte. Die Situation für Geflüchtete aus der Ukraine ist daher nach ihrem Eintreffen in Deutschland deutlich besser als die anderer Geflüchteter.
Die neue Bundesregierung möchte das ändern. Mit der Neuen Grundsicherung, die das Bürgergeld ablösen soll, ist keine Sonderstellung von Menschen aus der Ukraine geplant. Das berichteten Deutschlandfunk und dpa nach der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Folglich ist so etwas wie das Gegenteil der Behauptung geplant, die derzeit in sozialen Medien kursiert.
Eine entsprechende Änderung bei der Grundsicherung würde viele Ukrainerinnen und Ukrainer betreffen, die in Deutschland leben. Ende 2024 bezogen etwas mehr als 700.000 ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Bürgergeld, wie aus einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht.