Der Aufschrei über den von der EU auferlegten Sanierungszwang, wie er im deutschen Volksmund mittlerweile abfällig bezeichnet wird, klang bis in die Hinterzimmer in Brüssel durch und sorgte zumindest für einen kleinen Umschwung. Manche würden es wohl eher eine Kehrtwende nennen.
Die neue Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden kommt deutlich abgeschwächter als ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagen. Können besorgte Hauseigentümer nun aufatmen?Monatelang war heftig gestritten worden wegen der möglichen Kosten für Besitzer von alten Gebäuden. Gegner der Pläne befürchteten eine finanzielle Überforderung.
Ersparnisse für Bürger
Nun einigten sich nun die Unterhändler der 27 Mitgliedstaaten und des Europaparlaments. „Wir haben einen Deal“, verkündete der zuständige Berichterstatter Ciarán Cuffe merklich erleichtert und verwies auf die Ersparnisse, die auf die Bürger zukommen. Verschwendete Energie sei verschwendetes Geld, sagte der irische Grüne.
Der Kompromiss besagt, dass der Energieverbrauch von Wohngebäuden in der Gemeinschaft bis zum Jahr 2030 im Schnitt um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken soll. Befürworter der Richtlinie betonten, dass gerade Menschen mit niedrigem Einkommen von Modernisierungen am meisten profitieren. Die EU-Kommission wies ebenfalls gebetsmühlenhaft darauf hin, dass sich Renovierungen etwa durch weniger Energieverbrauch auf lange Sicht auszahlten.

Auf einige Eigenheimbesitzer dürften trotzdem erhebliche Kosten zukommen, auch wenn sie deutlich geringer ausfallen als zunächst erwartet. „Durch die EU ausgelöste Zwangssanierungen drohen nun nicht mehr“, lobte die Europaabgeordnete und Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Angelika Niebler.
Es war laut mit dem Vorgang vertrauten Personen vorneweg Deutschland, das die Pflicht zur Modernisierung abgewendet und damit eines der bedeutendsten Projekte der EU-Kommission abgeschwächt hat. Konkret ordnet die Union keine Sanierung für einzelne Hauseigentümer an, sondern überlässt es den EU-Ländern, zu entscheiden, wo diese die Einsparungen erzielen wollen.
Welche Vorgaben nun gelten
Im Kampf gegen den Klimawandel wollte die EU eigentlich eine Modernisierungswelle in den 27 Mitgliedstaaten anstoßen, in der sich Millionen von Europäern Solaranlagen aufs Dach des Eigenheims packen und Gasheizungen im Keller durch Wärmepumpen ersetzen.
Die Kommission hatte zunächst das Motto „Worst First“ ausgegeben, ergo: Die schlechtesten Gebäude in den einzelnen Mitgliedstaaten sollten auf Wunsch der Brüsseler Behörde zuerst modernisiert werden. Kritiker aber hatten unter anderem vor einer Überforderung vieler Bürger sowie vor einem Werteverlust von älteren Privathäusern gewarnt. Der finale Text verlangt nun nicht mehr, dass zwangsläufig die am schlechtesten isolierten Gebäude renoviert werden müssen.
Die Richtlinie ist Teil der Bausteine des „Fit For 55“-Klimapakets, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Sie gilt vor allem deshalb als wichtig, weil der Gebäudebestand der EU für etwa 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der Union verantwortlich ist. Zuletzt wurde aber vor allem über Ausnahmen und nötige Finanzhilfen für die Bürger diskutiert.