Wer in diesen Tagen vor der Verlängerung seiner Baufinanzierung steht, dem wird angesichts des aktuellen Zinsniveaus vermutlich etwas flau im Magen. Allerdings bietet das Ende der Zinsbindung auch die Chance, die Konditionen ganz neu zu verhandeln.
Bauzinsen sind stark gestiegen
Bei rund dreieinhalb bis vier Prozent liegt nach Angaben der baden-württembergischen Sparkassen das aktuelle Bauzinsniveau. Für Menschen, die vor zehn Jahren ihren Immobilienkredit abgeschlossen haben, ändere sich gar nicht so viel, betont ein Sprecher des Sparkassenverbands: „Das Niveau aktuell liegt nicht so deutlich über dem von 2013.“
In diesem Jahr sagten die hiesigen Sparkassen 7,1 Milliarden Euro neue Kredite im privaten Immobilienbereich zu, den Großteil für Bauvorhaben. „Wir schätzen, dass dahinter rund 28.000 Einzelvorhaben stehen“, so der Sprecher. Bei der üblichen zehnjährigen Zinsbindung stünden bei diesen Verträgen jetzt die Anschlussfinanzierungen an.

Aus den notwendigen Neuverhandlungen könnten die Kunden sogar Kapital schlagen, betonen Baufinanzierungs-Experten: „Wenn eine Anschlussfinanzierung ansteht, haben Darlehensnehmer sehr viele Möglichkeiten, den neuen Kredit optimal an ihre aktuelle Lebenssituation anzupassen“, sagt Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft beim Immobilienfinanzierer Interhyp.
Kleiner Zinsunterschied ist oft viel Geld wert
Schließlich ist niemand verpflichtet, bei der bisherigen Bank zu bleiben. „Gerade in der aktuellen Situation kann es deutliche Unterschiede bei den angebotenen Zinsen geben, sagt Alexander Weimer vom Ulmer Spezialist für Baufinanzierungen, Dr. Klein. „Schon Zinsdifferenzen, die auf den ersten Blick gering erscheinen, sparen schnell viel Geld.“
„Prüfen Sie, welche Rate Sie zukünftig bezahlen können und wollen“, empfiehlt auch Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Planen Sie mit einem Puffer und vereinbaren Sie ein Recht auf jährliche Sondertilgungen von fünf bis zehn Prozent der Darlehenssumme.“
Vergleichen unbedingt nötig
Gerade im aktuellen Zinsmarkt sei es wichtig zu vergleichen, unterstreicht Mirjam Mohr: „Läuft die Erstfinanzierung aus, nehmen viele Menschen das Prolongationsangebot ihrer Bank an und prüfen ihre Möglichkeiten nicht mehr.“ Das könne bessere Konditionen kosten.
„Meist vertrauen Darlehensnehmer darauf, dass das Kreditinstitut, bei dem sie die Erstfinanzierung abgeschlossen haben, ihnen auch ein attraktives Angebot für die Anschlussfinanzierung bietet“, warnt auch Alexander Weimer. Doch Hausbanken belohnen selten Bestandskunden.
Viele Immobilienbesitzer machten sich überdies nicht bewusst, dass ihr Wohneigentum in den vergangenen Jahren eine deutliche Wertsteigerung erfahren hat, sagt Weimer. Die Bank der Erstfinanzierung rechne bei der Anschlussfinanzierung in der Regel noch mit dem ursprünglichen Kaufpreis, eine neue Bank setze den aktuellen Marktwert an.
Die Neubewertung könne den Zins bei einem Bankwechsel um bis zu 0,5 Prozentpunkte und mehr verbessern, rechnet Mohr vor. „Wer nur aus Bequemlichkeit bei der Hausbank bleibt, zahlt dafür häufig einen hohen Preis“, warnt die Vergleichsplattform „Baufi24“.
Bei einer geringen Restschuld können Sondertilgungen sinnvoll sein. Außerdem empfiehlt Mohr zu klären, ob ein bestehender Bausparvertrag in die Anschlussfinanzierung eingebunden werden kann. Nicht immer lassen sich beide Instrumente aber perfekt aufeinander abstimmen.
„Zentrales Verkaufsargument ist der auf den ersten Blick niedrige Darlehenszins“, warnt Verbraucherschützer Nauhauser. Praktisch funktioniere die Anschlussfinanzierung mit Bausparverträgen oft aber schon deshalb nicht, weil es nicht gelinge, diese in der benötigten Höhe exakt dann zur Zuteilung zu bringen, wenn die Zinsfestschreibung endet.
Schon mal was von Forward-Darlehen gehört?
Wer Zeit hat und weiter steigende Zinsen befürchtet, sollte nach Meinung der Experten ein sogenanntes Forward-Darlehen prüfen. Solche Darlehen schreiben den aktuellen Zinssatz für die Zukunft fest. „Damit können Hausbesitzer das Zinsänderungsrisiko ausschalten“, empfiehlt Niels Nauhauser.
Dennoch rät der Experte auch hier zur Vorsicht: „Kreditinstitute und Bausparkassen nutzen aktuell die Angst vor weiter steigenden Zinsen, um Forward-Darlehen und Bausparverträge zu verkaufen, lange bevor die Zinsfestschreibung abgelaufen ist.“