Mit dem wahrscheinlichen Eintritt von Kamala Harris ins Rennen um die US-Präsidentschaft und dem Ausscheiden von Amtsinhaber Joe Biden, steigen die Chancen der Demokraten wieder. In Umfragen indes liegt Ex-Präsident Donald Trump vorne.
Aber was denkt eigentlich die heimische Wirtschaft. Könnte man sich mit einer zweiten Amtszeit von Trump arrangieren? Wir haben bei Firmen und Verbänden im Süden Baden-Württembergs nachgefragt.
Wer bleibt bei Trump als möglichem neuen US-Präsidenten gelassen?
Seit etwa 15 Jahren reindustrialisieren sich die USA. Für die stark exportorientierte Wirtschaft in Baden-Württemberg, die Industrien weltweit ausrüstet, sind die Vereinigten Staaten also als Markt sehr wichtig. Bei manchen Firmen rangieren sie sogar auf Platz eins der wichtigsten Auslandsmärkte. Eine dieser Firmen ist Vetter-Pharma aus Ravensburg. Rund die Hälfte seines Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen in den USA.

Trotzdem sagte Firmeneigner Udo J. Vetter jüngst im SÜDKURIER-Interview zum nächsten US-Präsidenten: „Ob Trump oder nicht Trump wird auf die strategische Ausrichtung von Vetter keine großen Auswirkungen haben. Abgesehen von der harschen Rhetorik, sei auch die Politik Joe Bidens „ähnlich hart“ gewesen.
Tatsächlich hat der Demokrat in seiner Amtszeit mit dem Inflation Reduction Act (IRA) eine Art Suvbentions-Bazooka abgefeuert, die nach Ansicht von Fachleuten gezielt Anreize setzt, US-amerikanische Waren zu kaufen und Produktion in die USA hinein zu verlagern. Seine 100-Prozent-Strafzölle gegen den Import chinesischer Elektrofahrzeuge treffen zudem auch deutsche Hersteller, die in China produzieren.
Auch der Chef und Eigner des Rietheimer Autozulieferers Marquardt, Harald Marquardt, ist daher der Meinung, dass unter Joe Biden die Trump‘sche Politik von America First nicht wirklich gravierend verändert wurde. Nur die Tonlage habe sich verändert, sagt der Firmenchef, der anfügt: Ein Trump 2 schrecke ihn „gar nicht“, wenn man von einer gewissen Unberechenbarkeit bei Entscheidungen absehe.

Sowohl der Großmotorenbauer Rolls-Royce Power Systems (RRPS) als auch der Autozulieferer ZF – beide mit Stammsitz in Friedrichshafen am Bodensee -, sowie der Sensor-Weltmarktführer Sick aus Waldkirch wollten sich mit Verweis auf die gebotene Zurückhaltung bei der Einmischung in den US-Wahlkampf zu dem Thema nicht äußern.

Wer sieht Gefahren für die heimische Wirtschaft durch Trump?
Es sind insbesondere Verbände, die in ihrer Ablehnung dem Republikaner gegenüber klar sind. Trump werde in einer zweiten Amtszeit womöglich Handelskriege anzetteln und für Turbulenzen an den Märkten sorgen“, sagt etwa der Hauptgeschäftsführer des Freiburger Industrieverbands WVIB Christoph Münzer.
Auch der Ton der politischen Auseinandersetzung werde vermutlich unterirdisch. „Kein Segen für das Abendland“, sagt Münzer. Für Europa werde es wirtschaftlich und sicherheitspolitisch teurer werden. „In Ordnung“ sind die US-deutschen Wirtschaftsbeziehungen aber auch unter Biden nicht, sagt der WVIB-Chef und verweist auf den protektionistischen IRA.

Der Präsident des Freiburger Bauernverbands BLHV, Bernhard Bolkart, sagt, „Trump sei als Gesamtpaket toxisch“. Seine neuerliche Präsidentschaft könne „ungeahnte Krisen hervorbringen“. Direkt bedroht fühle man sich aber nicht. Den Bauern geht es vor allem um die Zollpolitik beziehungsweise mögliche Freihandelsabkommen für Agrarprodukte. Hierbei müsse man „auf Augenhöhe verhandeln“, sagt Bolkart. Mit Trump gehe das aber sicher nicht.

Was sagen die IHKs in der Region und die Unternehmer Baden-Württemberg?
Birgit Hakenjos, Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, sagt „America First“ werde die wirtschaftspolitische Leitlinie der USA bleiben – unabhängig vom Ausgang der Wahl. Die Europäer müssten sich daran gewöhnen, ihre eigenen Interessen in der Außen- und Wirtschaftspolitik sehr viel stärker zu vertreten – gerade weil die USA auch zukünftig ein wichtiger Partner sein werden.

Diese Wichtigkeit der USA betont auch die Hauptgeschäftsführerin der IHK Hochrhein-Bodensee, Katrin Klodt-Bußmann. Für manche Unternehmen in der Region seien die USA zurzeit „ein Rettungsanker“, da das China-Geschäft deutlich zurückgegangen sei. Die Firmen beobachteten daher ganz genau, wie sich die Wahl in Übersee entwickle.

Es sei „wünschenswert und wichtig, dass sich auch die nächste US-Regierung klar zur transatlantischen Partnerschaft und Zusammenarbeit bekennt“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Stuttgarter Unternehmerverbands UBW, Oliver Barta. Dies gelte für alle Ebenen dieser Partnerschaft, also etwa für faire Wirtschaftsbeziehungen, aber auch für die politische Zusammenarbeit.