60 Euro für die paar Lebensmittel im Einkaufswagen? In den vergangenen Wochen schauen viele Verbraucher die Supermarktkassierer ungläubig an, wenn diese die Summe für den Einkauf nennen. Ein Blick auf den Einkaufszettel bringt nicht wirklich Klarheit, dort sticht kein Preis als besonders hoch ins Auge.
Hat die Corona-Pandemie einfach alles etwas teurer gemacht? Experten erklären anhand von einzelnen Lebensmitteln, warum die Erklärung nicht so einfach ist – und sich die Kunden in den nächsten Wochen zumindest bei einigen Produkten auch wieder über sinkende Preise freuen dürfen.
Gemüse
Die Gemüsepreise sind teils kräftig angestiegen. Im April lagen sie der Agrar-Markt-Informationsgesellschaft AMI zufolge 26 Prozent über dem Vorjahresniveau, im Mai noch 9 Prozent. Besonders tief in die Tasche greifen mussten Verbraucher für Zucchini (plus 92 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), Brokkoli (plus 69 Prozent), Blumenkohl (plus 63 Prozent), Kohlrabi (plus 62 Prozent), Paprika (plus 56 Prozent) sowie Spargel (plus 30 Prozent). Das liegt tatsächlich vor allem an der Corona-Pandemie.
„Aufgrund fehlender Saisonarbeitskräfte in Deutschland und anderen europäischen Ländern wie Spanien und Italien kann weniger geerntet werden und es steht teilweise weniger Ware zur Verfügung“, sagt Judith Dittrich Produktmanagerin Verbraucherforschung bei der AMI. Die gute Nachricht: Die Preisspitze war im Mai bereits überschritten und aus den Lieferländern kommen immer mehr Waren, was die Preise weiter sinken lassen wird.
Und: Selbst beim Gemüse ist nicht alles teurer geworden. Kunden profitieren derzeit etwa noch von der guten Kartoffelernte 2019. So kosten Speisekartoffeln 12 Prozent weniger als vor einem Jahr – und das obwohl die Verbraucher seit Ende Februar deutlich mehr Kartoffeln kaufen. Gleiches gilt für Lagergemüse wie Zwiebeln und Weißkohl, die 18 Prozent günstiger sind als vor einem Jahr.
Obst

Dass die Verbraucher bei Obst im Mai rund 15 Prozent mehr zahlen mussten als noch vor einem Jahr liegt vor allem an ihrem Lieblingsobst: dem Apfel. Über alle Sorten kosten Äpfel im Einzelhandel knapp ein Viertel mehr als im Vorjahr. Das hat allerdings nichts mit Corona zu tun. Denn die Preise sind schon seit vergangenem Herbst hoch, weil die Ernte geringer ausfiel als üblich.
Auch bei Tafelbirnen sind die Lager im Inland und den Nachbarstaaten zunehmend leer geräumt, erklärt Thomas Els, Marktanalyst Verbraucherforschung bei der AMI. Gleichzeitig liegen die eingeführten Mengen aus Übersee deutlich hinter den Vorjahren. In der Folge zahlen die Verbraucher fast 30 Prozent mehr für Birnen.
Ob mehr saisonales Obst wie Erdbeeren, Himbeeren oder Kirschen das Preisniveau entlasten wird, ist fraglich, da sich hier die fehlenden Erntehelfer bemerkbar machen könnten.
Schweinefleisch und Wurst
Auch wer Grillgut einkauft, merkt die gestiegenen Schweinefleischpreise (plus 17 Prozent) nicht erst seit diesem Frühjahr. China hat wegen der dort grassierenden Schweinepest seit Sommer 2019 einen erhöhten Importbedarf an Schweinefleisch. „Und dadurch sind bereits im vergangenen Jahr die Preise auch in Deutschland gestiegen“, sagt AMI-Produktionsmanagerin Dittrich. Das wirkt sich auch auf die Wurstpreise aus (plus 12 Prozent).
Käse und Butter

„Hier sind im April neue Verträge zwischen Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel geschlossen worden“, sagt Els. Die Molkereien bekommen seitdem etwas mehr Geld, der Einzelhandel gibt die höheren Kosten auch an die Verbraucher weiter. So kostet ein 250-Gramm-Päckchen Deutsche Markenbutter auf Discountniveau mittlerweile 1,45 Euro. „Das sind 10 Cent mehr als zuvor, allerdings 4 Cent weniger als im April 2019“, erläutert Els. Die Preise für Käse sind durchschnittlich um 3 Prozent gestiegen.
Mehl
Obwohl die Mehlregale im Supermarkt wochenlang leer gekauft waren, kam es hier zu keinen Preiserhöhungen. „Auch bei Obst- und Gemüsekonserven, deren Nachfrage gerade zu Beginn der Corona-Pandemie sprunghaft angestiegen war, sind Preisanpassungen infolge dieser erhöhten Nachfrage bislang ausgeblieben“, sagt Marktanalyst.
Bier

Normalerweise verkaufen Brauereien das meiste Bier über Gaststätten und bei Volksfesten. Dieser Absatz ist pandemiebedingt weggebrochen, weshalb Brauereien zuletzt über Absatzprobleme geklagt haben. Die Kunden aber können sich freuen. „Der Verbraucherpreisindex für die gängigsten Biersorten ist zuletzt etwas gefallen“, sagt Sebastian Hess, Leiter des Fachgebiets Agrarmärkte der Universität Hohenheim.