Sehr geehrter Herr Grupp,

diese Woche haben Sie Ihren Rücktritt aus dem Textil-Unternehmen Trigema angekündigt. Unter Ihrer Führung wurde es erfolgreich, nachdem Sie Ihrem eigenen Vater den Posten streitig gemacht hatten. Nun werden Sie selbst von Ihrem Nachwuchs beerbt. Die Frage, wer die Geschäftsführung übernimmt, ist endlich geklärt.

Entgegen Ihrer oft getätigten Aussage, es könne nur eines Ihrer Kinder die Firma leiten, sind es nun sowohl Ihre Tochter Bonita (34) als auch Ihr Sohn Wolfgang Junior (32), die künftig die Zügel halten. Als gleichberechtigte Partner, angeblich. Wolfgang Junior ist als persönlich haftender Gesellschafter aber doch exponiert. Der Ruhestand ist Ihnen natürlich gegönnt. Einige Fragen haben wir uns aber doch gestellt.

Wolfgang Grupp (Dritter von links), Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema, mit seiner Frau Elisabeth (Zweite von links) und ...
Wolfgang Grupp (Dritter von links), Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema, mit seiner Frau Elisabeth (Zweite von links) und seinen Kindern Wolfang Grupp Junior (links) und Bonita Grupp (rechts) in der Trigema-Produktion in Burladingen vor einer Wasch- und Bleichanlage. | Bild: Christoph Schmidt/dpa

Erstens: Schaffen Sie es wirklich, die Geschäfte ab Januar 2024 aus der Hand zu geben? Sie sind mittlerweile 81 Jahre alt, das übliche Renteneintrittsalter haben Sie damit schon lange überschritten. Es schien Sie offensichtlich nicht in den Ruhestand zu ziehen. Und erst kürzlich sagten Sie über das Arbeiten aus dem heimischen Büro: „Wer zu Hause arbeiten kann, ist unwichtig.“

Wie wenig bedeutsam sind dann erst diejenigen, die zu Hause sind und nicht mehr arbeiten? Mit Ihrer Ankündigung, sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen, bleibt ja womöglich noch etwas Spielraum, bei strategischen Entscheidungen die Finger im Spiel zu halten.

Zweitens: Bleiben Sie für Ihre markigen Sprüche erreichbar? Die Forderungen nach späterem Renteneintritt, die Aussage übers Homeoffice – mit Ihren Bemerkungen sorgten Sie oft für Diskussionen und lenkten dadurch auch Aufmerksamkeit auf das Unternehmen. Sie sind die Werbefigur der Firma. Der Schimpanse, mit dem Sie in Werbeclips auftraten, konnte Ihnen in der Hinsicht nie das Wasser reichen. Die Rolle des im Luxus lebenden schwäbischen Sparfuchs faszinierte, stellenweise belustigte sie.

Werden Ihre Kinder diese Strahlkraft kompensieren können? Ihr Sohn hat in einem Interview bereits angekündigt, dass das Marketing der Firma wohl neu gedacht werden muss und er nicht zu Ihrer Kopie werden will. Aber nicht nur die Werbestrategen des Unternehmens würden es Ihnen danken, wenn Sie mit der einen oder anderen streitbaren Äußerung der Öffentlichkeit erhalten blieben.

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Drittens: Wie verhält es sich, unabhängig vom Unternehmen, mit der Thronfolge? Sie sind bekanntlich das Oberhaupt der lokalen Monarchie, der König von Burladingen. Bleibt Ihnen dieser Titel, wie üblich, auf Lebenszeit oder rücken auch hier die Kinder nach?

Vielleicht könnte dies ja als Vorbild für das britische Königshaus dienen und dort die Wogen glätten: Die Prinzen Harry und William teilen sich eines Tages den Job, einer dann herausgestellt als persönlich haftender König.

Aber im Ernst, geehrter Herr Grupp: Genießen Sie Ihren Ruhestand!