Es ist ein Abend der ernsten Worte und der Freude zugleich. „Man kann also“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann, „schon gescheiter werden, wenn man den SÜDKURIER liest und sich zugleich seines eigenen Verstandes bedient.“ Und dann, nach einer winzigen Redepause und einem Lächeln, „mehr geht nicht, oder?“

Da vermischen sich Gelächter und Applaus; es ist die Gleichzeitigkeit von großen Botschaften und freundschaftlichem Humor, die diesen besonderen Abend im Konstanzer Bodenseeforum auszeichnet.

Philharmonie Konstanz zeigt sich so schwungvoll wie der Gastgeber

Rund 500 Gäste sind gekommen, um den 80. Geburtstag des Medienhauses zu feiern, und sie erleben inhaltsschwere Reden ebenso wie ein glänzendes Unterhaltungsprogramm.

Den Ton setzt dafür – auch im Wortsinn – gleich zu Beginn die Bodensee Philharmonie. Musiker des Konstanzer Profiorchesters sitzen anfangs mitten im Publikum, als würden sie den SÜDKURIER-Wahlspruch „Wir sind einer von Euch“ gleich mal für sich adoptieren.

Einer nach dem anderen intonieren sie eine Fanfare und zeigen sich dann zusammen mit Chefdirigent Gabriel Venzago auf der Bühne ebenso schwungvoll wie der Gastgeber, der seine 80 Jahre nicht in alter, sondern in junger Frische feiert.

Schwungvoll: Musiker der Bodensee Philharmonie.
Schwungvoll: Musiker der Bodensee Philharmonie. | Bild: Lukas Leertaste

Dass die nächsten 80 Jahre nicht nur im täglichen Nachrichtengeschäft viel Neues bringen werden, das macht Geschäftsführer David Lämmel deutlich. Er gibt einen Einblick in etwas, woran ein modern aufgestelltes Medienhaus auch arbeitet.

Zum ersten Mal sehen die Gäste den Prototypen der vom SÜDKURIER selbst entwickelten Künstlichen Intelligenz. Marianne, die langjährige Archivarin, leiht ihr ihre Stimme. Und die trägt vor, was sie aus Millionen von Zeitungsartikeln zusammenstellt. Da trifft Silicon Valley auf Südbaden und hat das Zeug, auch jenen den Zugang zur neuen Medienwelt zu erleichtern, für die ChatGPT und andere Angebote eher noch fremd sind.

Journalismus als wichtige gesellschaftliche Aufgabe

Dass Journalismus eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe übernimmt, macht nicht nur David Lämmel in seiner Begrüßung deutlich – es ist die Botschaft, die sich durch den ganzen Abend zieht. Winfried Kretschmann erinnert daran, was passiert, wenn es ihn nicht mehr gäbe: Die Gesellschaft würde auseinanderfallen. Und für ihn selbst begänne der Tag nicht mehr so, wie er es so sehr schätzt: Mit der morgendlichen Lektüre der Zeitung, die ihm zeige, in welche Realität er politisch gestellt ist.

Festredner: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit SÜDKURIER-Geschäftsführer David Lämmel (links) und ...
Festredner: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit SÜDKURIER-Geschäftsführer David Lämmel (links) und Chefredakteur Stefan Lutz. | Bild: Anna Glad

Den Bürger mündig zu machen, das Programm des SÜDKURIER-Gründers im Jahr 1945, sei heute so aktuell wie in der Stunde des demokratischen Neubeginns, sagt Kretschmann. Er erinnert an das Motto des großen Philosophen Immanuel Kant: „Wage, zu wissen“.

Das sei „ein Auftrag zur Freiheit“. Dabei seien unabhängige Medien unverzichtbar: „Aber wenn man diesen inneren Faulheitshügel überwindet, muss man keinen anstrengenden Berg mehr erklettern, um dies zu wagen“ – denn die meiste Mühe hätten die Journalisten ihren Leserinnen und Lesern durch die Arbeit ja schon abgenommen.

Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt sieht im SÜDKURIER einen „täglichen Gesprächspartner mit der Stadtgesellschaft“, wie er sagt: „Politik, Verwaltung und Medien sind nicht Gegner, sondern Gegenspieler auf dem Feld der Demokratie.“ Und das, „auch wenn es manchmal kracht“. Bevor er sein originelles Geburtstagsgeschenk überreicht – einen historischen Dachziegel vom direkt neben der einstigen Keimzelle des SÜDKURIER gelegenen Konzilgebäudes -, hat er noch einen Wunsch: Der SÜDKURIER möge kraftvoll präsent bleiben, denn „die Stadtgesellschaft braucht Sie“.

Auftrag für die ganze SÜDKURIER-Redaktion

Dass sich die Menschen in der Region auf diese Begleitung in den großen und kleinen Fragen des Alltags verlassen können, macht Chefredakteur Stefan Lutz deutlich. Vor seiner Rede erzählen Leserinnen und Leser in einem Video, wie der SÜDKURIER ihr ganz persönliches Leben geprägt und bereichert hat – von der Bewältigung einer belastenden Ersthelfer-Erfahrung bis zum Finden eines neuen Liebesglücks.

Darauf geht Lutz direkt ein: „Ja, auch das sind wir beim SÜDKURIER. Diejenigen, die Menschen und Schicksalen ein Gesicht geben, die dafür eintreten, dass andere Menschen von guten Taten erfahren und sich ermutigen lassen von eben diesen schönen Dingen in der Welt.“

Land und Leute zu mögen, das sei für ihn nicht nur Voraussetzung, sondern Auftrag für die ganze SÜDKURIER-Redaktion, so Lutz: Das vor 15 Jahren geprägte Motto „Lust auf Heimat“ sei so aktuell wie eh und je. Dazu gehöre, nicht nur Nachrichten zu vermitteln, sondern sie auch in den Kontext zu stellen. Und auch, das Spannungsverhältnis auszuhalten zwischen Wünschen einzelner Interessengruppen und den Interessen eines breiten Publikums.

Ernste Botschaften, fröhliche Momente

Zugleich gelte es, der „grenzenlosen Desorientierung im World Wide Web“ etwas entgegenzustellen. Denn, und hier wird der sonst so fröhliche Abend sehr ernst, „die großen Tech-Konzerne streben die Weltherrschaft der Kommunikation an. Sie wollen entscheiden, wer was erfährt, wer es wie erfährt und mit welchem Spin die Informationen fließen. Es gibt ganze Industrien, die darauf abzielen, Menschen politisch wie gesellschaftlich zu manipulieren“.

Auch deshalb, so Lutz, „werden wir auch weiterhin Sorgfalt vor Geschwindigkeit stellen. Auch das ist ein gesellschaftlicher Wert des SÜDKURIER und ich wünsche mir sehr – auch von Ihnen –, dass Sie mithelfen, das wertzuschätzen und zu erhalten“. Zugleich dankte er für das Vertrauen der Kundinnen und Kunden seit 1945.

Ein besonderes Geschenk: Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt überreicht SÜDKURIER-Geschäftsführer David Lämmel (links) und ...
Ein besonderes Geschenk: Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt überreicht SÜDKURIER-Geschäftsführer David Lämmel (links) und Chefredakteur Stefan Lutz einen historischen Dachziegel mit einer ganz besonderen Geschichte. | Bild: Lukas Leertaste

Dass dieser Beitrag zur Gesellschaft mit harter Arbeit und mit Leichtigkeit verbunden ist, dafür stehen an diesem Abend auch der charmante Auftritt der Radio-Seefunk-Moderatorin Anna Engel und die Einlage von Jonglage-Künstler Christoph Rummel.

Die Gäste – unter ihnen zahlreiche Abgeordnete, Bürgermeister und Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer aus der Wirtschaft – staunen, als Rummel all die vielen Bälle zugleich in der Luft hält. Ebenso stürmischen Applaus erhält die Band „anders“, jüngst ausgezeichnet mit dem Kleinkunstpreis des Landes. Sie bringt die Gäste mit ihren a-cappella-Songs nicht nur zum Schmunzeln, sondern auch zum Nachdenken. Da sind sie wieder, die ernsten Botschaften und die fröhlichen Momente.

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