Mit Faustschlägen traktierte ein 29-Jähriger in Ravensburg in einer Haftzelle mehrere Polizeibeamte, drei Beamte wurden dabei verletzt. Der Mann war festgenommen worden, nachdem er einem Mann in einem Wohnheim ein Messer in den Bauch gestoßen hatte. Szenen wie diese, in denen die Hemmschwelle vor Übergriffen gerade gegenüber Polizisten gesenkt ist, gibt es immer öfter. Um die 400 Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte gibt es inzwischen durchschnittlich im Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz. In den vergangenen beiden Jahren lag die Zahl hingegen deutlich höher. Das soll sich nun ändern.

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So funktioniert eine Bodycam Video: Nils Köhler

Die Beamten wurden in den vergangenen Wochen mit Schulterkameras ausgerüstet, die über eine hohe Aufnahmequalität und eine einfache Bedienbarkeit verfügen. Das Ziel ist, die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft zu heben. Denn wer weiß, dass er gefilmt wird, verhält sich in der Regel zurückhaltender. Kommt es dennoch zu einem Übergriff, sind die Aufnahmen beweiskräftig auch vor Gericht. „Bilder sagen oftmals mehr als tausend Worte,“ sagt Andreas Breuning, Leiter des Polizeireviers Konstanz. Pilotversuche mit Bodycams in den Ballungszentren Freiburg, Mannheim und Stuttgart hätten gezeigt, dass sich die Kameras in 70 Prozent der Fälle „deeskalierend ausgewirkt“ habe, so Breuning.

Schulterkameras werden auch in Großbritannien seit geraumer Zeit verwendet, auch in den Niederlanden findet die Bodycam Anwendung. Deutschland folgt damit den offenbar positiven Erkenntnissen anderer Staaten.

So groß wie eine Zigarettenschachtel: die Schulterkamera. Bild: Roland Sprich
So groß wie eine Zigarettenschachtel: die Schulterkamera. Bild: Roland Sprich | Bild: Sprich, Roland

Polizeibeamte im Einsatz müssen nunmehr abwägen, wann sie die Kamera in Betrieb nehmen. Denn einfach anschalten dürfen sie diese nicht. Das Polizeigesetz liefert hierbei klare Vorgaben. So dürfen nur Aufnahmen von mehr als 60 Sekunden Dauer gespeichert werden, wenn sie zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib und Leben eingesetzt werden. Wenn sich also eine Situation als nicht gefährlich erweist, kann die Aufnahme nach 60 Sekunden wieder überspielt werden. Nicht erlaubt sind auch Aufnahmen in privaten Wohnungen oder bei Versammlungen.

Aus Datenschutz-Gründen kommt niemand an die gewonnenen Daten heran, die auf einer Ladestation nach dem Einsatz auf einen Server überspielt werden. Nur eine IT-Abteilung im Präsidium kann diese auslesen. Die Daten seien letztlich fälschungssicher, betont auch Pressesprecher Markus Sauter.

Ein Polizist trägt eine Bodycam. Schulterkameras sollen Die Beamten vor Angriffen und Beleidigungen schützen. Bild: dpa
Ein Polizist trägt eine Bodycam. Schulterkameras sollen Die Beamten vor Angriffen und Beleidigungen schützen. Bild: dpa | Bild: Sebastian Gollnow

Inzwischen rüstet das baden-württembergische Innenministerium die Beamten flächendeckend mit den Kameras aus. „Den Polizeirevieren der 12 regionalen Polizeipräsidien insgesamt 1350 Bodycam-Systeme zur Verfügung“, heißt es beim baden-württembergischen Innenministerium. Allein für den Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz, der auch in den Linzgau und den Schwarzwald hineinreicht, wurden 88 solcher Schulterkameras angeschafft. Jede Streifenwagenbesatzung sei inzwischen mit einer ausgestattet, erklärt Andreas Breuning, der das Polizeirevier Konstanz leitet.