Kaum fegt ein Sturm über Deutschland hinweg, stehen alle Züge still. Zunächst aus Vorsicht, was verständlich ist: Wissentlich zu riskieren, dass ein ICE mit 300 Sachen auf einen Baumstamm prallt, wäre höchst fahrlässig gewesen. Da verbringt man als Fahrgast doch lieber mal eine Nacht im auf dem Bahnhof geparkten Übernachtungszug.
Die eigentlichen Probleme beginnen auch erst nach dem Sturm: Wo der Wind in Höhenlagen auf Bäume trifft, ist der Schaden regelmäßig immens, auch nach „Sabine“: Bäume blockieren die Schienen und krachen in Oberleitungen. Die Folge ist tagelanger Stillstand auf den Bahnstrecken.
Unvermeidlich in einer Region wie dem Schwarzwald? Nein! Natürlich führt die Topografie dazu, dass die Strecken der Schwarzwaldbahn, der Drei-Seen-Bahn und der Höllentalbahn bei Sturm besonders gefährdet sind. Doch das bedeutet nicht, dass man dem hoffnungslos ausgeliefert wäre. Bäume brauchen einen Sicherheitsabstand – zu Straßen genauso wie zu Bahnlinien. Bei Letzteren aber hat man sich das intensive Einhegen in den vergangenen Jahren gespart. Ein Fehler, wie sich nun zeigt, und ein Ausdruck der Sparpolitik, die die Deutsche Bahn seit ihrer Privatisierung vor 25 Jahren betreibt.
So gelingt die Verkehrswende nicht
Es ist paradox: Der Klimawandel macht einen Umstieg auf die Schiene dringend nötig. Gleichzeitig ist gerade die Bahn den Wetterkapriolen, die sich durch den Klimawandel häufen, am meisten ausgesetzt.
Nun rächt sich allenthalben, was man in diesem Vierteljahrhundert versäumt und kaputt gespart hat: Strecken, die zurückgebaut wurden, Gleise, die nicht erneuert wurden, Personal, das reduziert wurde – und das jetzt bei den Reparaturarbeiten nach dem Sturm fehlt. All dies sorgt dafür, dass die Verkehrswende in Deutschland gar nicht gelingen kann. Denn nur, wenn die Bahn ihren Kunden Verlässlichkeit bietet, kann sie sich trauen, das Auto stehen zu lassen. Wer derzeit pünktlich zur Arbeit gelangen will, kann sich das allerdings meist nicht erlauben – da braucht es nicht mal einen Sturm.
Dass es auch anders ginge, führt – mal wieder – die Schweiz vor Augen. Der Sturm machte ja nicht an der Grenze halt, trotzdem blieben die Verkehrsverzögerungen auf der anderen Rheinseite überschaubar. Für Bahnexperten ist das auch nur logisch: Bei den Schweizerischen Bundesbahnen werden andere Prioritäten gesetzt. Im Vordergrund steht nicht die Gewinnmaximierung – sondern der Bahnfahrer.