Nichts geht mehr. Wer derzeit im südlichen Schwarzwald, im Hegau oder am Bodensee auf den Zug angewiesen ist, hat Pech: Während überall sonst in Baden-Württemberg der Bahnverkehr wieder funktioniert, sind die Auswirkungen von Sturm Sabine in der Region Südbaden noch voll zu spüren.
Gleich auf mehreren Bahnstrecken gibt es Probleme: So ist die Schwarzwaldbahn, die zwischen Karlsruhe und Konstanz verkehrt, in den Passagen zwischen Hornberg und St. Georgen, zwischen Hattingen und Engen nach Angaben der Deutschen Bahn nicht befahrbar. Dasselbe gilt für die Höllentalbahn zwischen Hüfingen und Himmelreich, für die Drei-Seen-Bahn zwischen Titisee und Seebrugg, wie auch für die Gäubahn zwischen Hattingen und Engen.
Hubschrauber im Einsatz
„Bis auf weiteres“ seien die Strecken gesperrt, so die recht vage Auskunft der Pressestelle in Stuttgart. Vage deshalb, weil die Bahn selbst noch nicht weiß, wo was zu tun ist. „Wir wissen von den Schaltanzeigen lediglich, dass Störungen im Stromkreislauf vorliegen.“ Gerade sei ein beauftragtes Unternehmen dabei, per Hubschrauberrundflug Fotos zu erstellen, aus denen dann ablesbar sein wird, wo genau Bäume auf den Gleisen oder in der Oberleitung liegen.
Danach müssen die Störungsbeseitigungstrupps Bäume zersägen und wegschaffen, wenn Oberleitungen beschädigt sind, braucht es einen Turmtriebwagen, von dem aus die Stromversorgung repariert werden kann. Die Bahn geht vorsichtig davon aus, dass das auf den erwähnten Strecken mindestens bis Donnerstag dauern wird.
Warum dauert das so lange? Ein Sprecher der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), Daniel König, vermutet, dass Strecken wie die vom SBB-Regionalzug Seehas genutzte Verbindung zwischen Engen und Konstanz auf der Prioritätenliste eher hinten stünden und sie deshalb nicht zum Zuge kämen. Das will der Pressesprecher der DB so nicht stehenlassen.
Eigene Prioritäten
Eines räumt er allerdings ein: Priorität hätten die Fernverkehrsstrecken und die Strecken mit hohem Fahrgastaufkommen, wie die Stuttgarter S-Bahn mit ihren 435 000 Nutzern täglich. Schwarzwaldbahn, Höllentalbahn oder Gäubahn können da offenbar nicht mithalten.
Den eigentlichen Grund dafür, weshalb das in Südbaden alles etwas länger dauert, sieht die Bahn in der schwierigen Topografie. 650 Höhenmeter überwindet die Schwarzwaldbahn, schlägelt sich durch bewaldete Täler und Berge. Da wirken sich orkanartige Winde gleich massiv aus. Schon die Analyse der Schäden zur Herausforderung, geschweige denn der Transport des Turmtriebwagens an Ort und Stelle.
Landesweit stehen der Bahn vier solche Oberleitungsreparatur-Wagen zur Verfügung, und 40 Störungsbeseitigungstrupps mit bis zu vier Mitarbeitern sind einsetzbar. Zu wenig, befindet Matthias Lieb, Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Vor der Privatisierung der Bahn habe es an den großen Bahnhöfen immer Arbeiter gegeben, die man bei solchen Lagen einsetzen konnte.
Heute habe man viel weniger Personal, bei gleichzeitig mehr Störungen durch schwere Stürme und Unwetter. Kritik äußert der Bahn-Experte auch an der Pflege der Bahnstrecken. „Beim Baumrückschnitt wird gespart, man lässt die Bäume nahe ans Gleis heranwachsen.“ Kein Wunder also, dass mehr Bäume auf die Gleise fallen.
Die SBB ist zufrieden
An Alternativen hat die Bahn den auf sie angewiesenen Pendlern nur wenig zu bieten. Einen einstündigen Schienenersatzverkehr für die betroffenen Strecken konnte die DB am Dienstag noch nicht versprechen. Das sei ein „schwieriges Thema“, so der Bahn-Sprecher, denn die Ressourcen der Partnerunternehmen seien begrenzt. Anders die SBB: „Wir waren gestern bis 22.30 Uhr am Telefon“, sagt Daniel König am Dienstag.
Dass es ihnen gelang, drei Busunternehmen zu verpflichten, darauf ist der ein bisschen stolz. „Das gibt es in ganz Baden-Württemberg nicht.“ Am Nachmittag kam für die Seehas-Strecke dann ohnehin Entwarnung – die Deutsche Bahn meldete den Vollzug der Räumarbeiten: Um 16.23 Uhr startete in Konstanz wieder der erste – zunächst nur stündliche – Seehas in Richtung Singen. Am Mittwoch soll es auf der Strecke wieder regulär ablaufen.