Ein Baum, der mitten in der Radolfzeller Innenstadt brennt – und dann der nächtliche Nebel, der wie ein guter Geist aufzieht und die Flammen löscht, noch bevor die Feuerwehr eintrifft. Dieses Bild könnte manch einer vor Augen gehabt haben, als er die entsprechende Pressemitteilung zum Feuerwehreinsatz in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch las.
Doch geht das überhaupt? Kann Nebel ein Feuer löschen? Der SÜDKURIER hat bei Otto Klemm nachgefragt, Professor für Klimatologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, zu dessen Schwerpunkten die Nebelforschung gehört.
Nebel löscht nicht
„Nebel kann keine Brände löschen“, betont Klemm. Nebel setze sich zwar aus vielen Tausenden Wassertröpfchen in der Luft zusammen, doch deren Wassermenge sei sehr gering, so der Klimatologe weiter.
„Ein Kubikmeter Nebel enthält typischerweise 0,2 Milliliter Wasser. Zum Vergleich: Um ein Schnapsglas zu füllen, bräuchte man das Wasser aus 100 Kubikmeter nebliger Luft.“ Und auch das würde bei Weitem nicht ausreichen, um einen Brand zu löschen. 100 Kubikmeter Luft entsprechen einem Würfel, der rund 4,5 Meter lang, breit und hoch ist.
So erklärt es die Feuerwehr jetzt
Und auch von der Radolfzeller Feuerwehr heißt es auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass die entsprechende Pressemitteilung zum Einsatz Anfang der Woche wohl etwas missverständlich formuliert gewesen sei. „Es ist ganz sicher nicht so, dass der Nebel den Baum gelöscht hat. Wir haben ja auch Dachstuhlbrände, wenn es extrem stark regnet“, sagt der stellvertretende Fachbereichsleiter Tobias Oechsle.

Auffallend sei aber, dass beim Eintreffen der Feuerwehr nur noch einzelne Glutnester gelodert hätten und der Baum selbst nur etwa zur Hälfte verkohlt gewesen sei. „Der Rest war noch grün. Und normalerweise brennt die Art von Baum wie Zunder“, sagt Oechsle und vermutet, dass sich das Feuer aufgrund der sehr feuchten Nacht nicht richtig ausbreiten konnte.
Die Ausbreitung ist tatsächlich gehemmt
Nebelforscher Klemm aus Münster bestätigt das: „Klar ist: In einer neblig-feuchten Nacht ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass es brennt, als an einem trockenen, heißen Tag.“
Und bei einem kleinen Brand könne es durchaus sein, dass sich das Feuer bei Nebel nicht gut ausbreiten kann und gegebenenfalls von alleine erlischt. „Weil es nicht genug brennbares Material als Nahrung findet, da alles feucht ist.“ Bei einem großen Brand spiele es aber keine Rolle, da könne der Nebel noch so dicht sein: „Das hat keinerlei Auswirkungen auf das Feuer“, so Klemm.