Die jüngere Geschichte der Gäubahn ist ein Geschichte der Leiden: Ständiger Schienenersatzverkehr und dann noch die Aussicht auf jahrelange Abkopplung. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Der Pfaffensteigtunnel soll zuverlässig gebaut werden, wenn der Bundestag den Haushalt 2025 am Donnerstag beschließt. Über den Tunnel sollen zukünftig die Züge aus Zürich, Singen und Horb zum Stuttgarter Flughafen und dem Stuttgart-21-Tiefbahnhof fahren können.

1. Was will der Bundestag beschließen?

Am Donnerstag geht der Haushalt 2025 in die dritte und abschließende Lesung. Die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag dürften ihm zustimmen. 502,55 Milliarden Euro soll der Bund in diesem Jahr ausgeben dürfen. Der Pfaffensteigtunnel selbst ist darin noch nicht enthalten, aber die dafür wichtige Verpflichtungsermächtigung.

Der Haushaltstitel „Baukostenzuschüsse für Investitionen des Bedarfsplans Schiene“ wurde um knapp 991 Mio. Euro gegenüber dem Kabinettentwurf erhöht. Dies diene dazu, den Abschluss einer Baufinanzierungsvereinbarung für den Pfaffensteigtunnel zu ermöglichen, versichert der Konstanzer Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU) dem SÜDKURIER.

2. Wann kommt der Pfaffensteigtunnel in trockene Tücher?

Direkt nach dem Beschluss des Etats für 2025 beginnen im Bundestag die Beratungen des Haushalts für 2026, der noch vor Jahresende fertig werden soll. Darin wird der Kern der Finanzierung des Pfaffensteigtunnels festgeschrieben. 1,69 Mrd. Euro plant der Bund zur Finanzierung ein, von den Projektpartnern sollen weitere 270 Mio. Euro kommen.

Der Bund rechnet also mit Ausgaben von fast zwei Milliarden Euro. Bisher wurde von offizieller Seite mit rund einer Milliarde Euro für den Bau des Tunnels gerechnet. Kritiker warnen allerdings schon lange davor, dass sich die Baukosten eher auf zwei bis drei Milliarden Euro belaufen könnten. Die Bundesplanung scheint dem Rechnung zu tragen.

3. Sind die restlichen 270 Millionen, die nicht vom Bund kommen, auch gesichert?

Ja, heißt es vom DB Projekt Stuttgart-Ulm. Bei der Lenkungskreissitzung im Juli 2022 haben der Bund und alle S21-Projektpartner in einer gemeinsamen Erklärung versichert, dass die S21-Vertragspartner aus dem Projektbudget 270 Millionen Euro für die Ausbaustrecke Gäubahn, Abschnitt Nord, zur Verfügung stellen.

4. Steht damit dem Bau des Tunnels nichts mehr im Wege?

„Damit steht die Finanzierung“, sagt Andreas Jung. Aber auch auf Landesseite ist man zuversichtlich. Für den Optimismus gibt auch greifbare Belege. Zumindest hat die Bahn in ihrem neuen Bahnhof am Flughafen Stuttgart bereits die Voraussetzungen für den Anschluss des Tunnels geschaffen. Die so genannten Anschlussstutzen, also die Abzweige vom künftigen Flughafenbahnhof sind bereits fertig gebaut und die Weichen verlegt. Davon konnte sich Landesverkehrsminister Winfried Hermann kürzlich überzeugen.

Am künftigen Flughafenbahnhof Stuttgart sind die Anschlussstutzen für den Pfaffensteigtunnel schon bereit.
Am künftigen Flughafenbahnhof Stuttgart sind die Anschlussstutzen für den Pfaffensteigtunnel schon bereit. | Bild: DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH / Jannik Walter

5. Wie geht es weiter und wann ist mit der Fertigstellung zu rechnen?

Die S21-Projektpartner sprechen von Ende 2032. Dann soll der Tunnel in Betrieb gehen, wenn alles glatt geht. 2026 will die Bahn mit den Hauptbaumaßnahmen beginnen. Um die Sache zu beschleunigen, wurde die Planung in Abschnitte aufgeteilt. Es gibt zwei Planfeststellungsabschnitte, einen oberirdischen, der nur 300 Meter umfasst und bis zur S-Bahn-Station Böblingen-Goldberg reicht, und einen bergmännischen also unterirdischen, der 10,8 Kilometer lang ist. „Das Planfeststellungsverfahren hierfür ist bereits weit fortgeschritten“, heißt es vom DB Projekt Stuttgart-Ulm, wie Stuttgart 21 bei der Bahn genannt wird.

6. Ändert der heute anstehende Haushaltsbeschluss etwas für die geplanten Gäubahn-Fahrer?

An den Beschwernissen die nächsten Jahre ändert das nichts. Die Gäubahn soll zwar noch ein Jahr länger als ursprünglich geplant bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Im März 2027 aber endet die Gäubahn am S-Bahnhof Stuttgart-Vaihingen, das heißt, man muss in die S-Bahn umsteigen, bis der geplante Pfaffensteigtunnel fertiggestellt ist. Zumindest ist mit dem Beschluss dann aber ein Ende der Abkopplung in Sicht.

7. Wie viel Zeit wird die Verbindung durch den Pfaffensteigtunnel einsparen?

Gegenüber heute soll der Pfaffensteigtunnel zu einer rund 15 Minuten kürzeren Reisezeit zwischen Stuttgart und Zürich führen, so ein Bahn-Sprecher gegenüber dem SÜDKURIER. Als Vorteil benennt das DB Projekt Stuttgart-Ulm zudem die Anbindung an den Stuttgarter Flughafen sowie an die Messe und die Möglichkeit zum direkten Umstieg in Richtung Ulm/München. „Der verkehrliche Nutzen geht somit weit über den reinen Reisezeitgewinn auf der Verbindung Stuttgart-Zürich hinaus.“

8. Was ist nun mit den Beschleunigungsplänen für die Wiederherstellung der Zweigleisigkeit vor allem zwischen Sulz und Epfendorf?

Viel Zustimmung aus allen Richtungen gab es im Juli für die von den SPD-Politiker Lina Seitzl und Hans-Peter Storz erneut aufgebrachte Idee, die Gäubahn auf zwei Abschnitten schneller zweigleisig zu machen als bisher von der Deutschen Bahn geplant.

Besonders für die Strecke zwischen Sulz und Epfendorf sehen Experten, Politiker und das Landes-Verkehrsministerium große Beschleunigungsmöglichkeiten – nur die Bahn selbst bremst. Einfluss nehmen kann hier jedoch das Bundesverkehrsministerium. Und diesen Wunsch aus dem Land nun sogar mehrfach vorgetragen bekommen: Anfang Juli und Ende August habe man den Vorschlag in Stellungnahmen beim Bundesverkehrsministerium vorgebracht, sagt Benjamin Hechler, Sprecher des Landesverkehrsministeriums, auf SÜDKURIER-Anfrage.

Die Finanzierung für den südlichen Gäubahn-Ausbau steht. Für den bereits ausgebauten Abschnitt Horb-Neckarhausen ist der Großteil der Finanzierung (45,7 Mio. Euro) bereits erfolgt, hier fließen 2025 und 2026 noch einmal Mittel von 104.000 beziehungsweise 200.000 Euro. Im Haushalt 2026 sind Planungskosten für den weiteren Ausbau vorgesehen.