Es soll ein Vorstoß sein, um die ungleiche Verteilung von Vermögen in Deutschland zu bekämpfen. Das sagt Unions-Bundestagsvize Sepp Müller (CDU) über seine Idee eines Kinderstartkapitals. Etwas wie ein Deutschland-ETF, bei dem jedes Kind vom Staat Aktienfonds geschenkt bekommt, etwa durch Exchange Traded Funds (ETF). Es spricht jedoch einiges dagegen.

Die Zielgruppe wird verfehlt

Mit dem Deutschland-ETF sollen auch Kinder aus finanzschwächeren Familien einen Schub für den Start ins Erwachsenenleben bekommen. Oder sie sollen das Depot, wenn es nach Müller geht, auch nach dem 18. Geburtstag weiterlaufen lassen und so Vermögen aufbauen. Hier zeigt sich schon die erste große Schwäche der Idee: Diese Vorstellung entspricht nicht der Lebensrealität vieler Kinder, die von einem solchen Vorschlag vor allem profitieren sollten.

Wer das Geld benötigt, braucht es in der Hand. Häufig auch schon vor dem 18. Geburtstag. Entsprechend würden sich viele das Geld wohl mit der Volljährigkeit auszahlen lassen. Noch länger die Rendite arbeiten lassen und Vermögen aufbauen können so nur Menschen, die die Unterstützung ohnehin nicht brauchen.

Das Geld reicht nicht

Die Idee, Menschen an den Gewinnen der Wirtschaft zu beteiligen, ist keine schlechte. Schließlich wäre es Geld, das junge Erwachsene sonst nicht hätten. Beklagen würde sich wohl niemand über die kleine Finanzspritze.

Aber was könnte ein Deutschland-ETF im Einzelfall konkret bewegen? Anhand eines ähnlichen Vorschlags der Wirtschaftsweisen hat der „Stern“ gerechnet: Demnach sollten Kinder zwischen 6 und 18 Jahren jeden Monat Fondsanteile im Wert von zehn Euro geschenkt bekommen. Bei einer Durchschnittsrendite von vier Prozent im Jahr kämen bis zur Volljährigkeit etwa 2000 Euro zusammen.

Laut ADAC könnte man damit heute in vielen Fahrschulen nicht mal den Führerschein bezahlen. Also erneut das Dilemma: Besser als nichts, aber viele könnten es sich kaum leisten, sich das Geld nicht gleich auszahlen zu lassen. Was sie bekämen, würde ihr Leben jedoch nicht nachhaltig verbessern.

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ETFs unterliegen Kursschwankungen

ETFs sind sicherer als einzelne Aktien, weil das Risiko auf ein breiteres Portfolio gestreut wird. Auch sind sie laut Verbraucherzentrale Sondervermögen, hängen also nicht am Vermögen der jeweiligen Fondsgesellschaft. Trotzdem unterliegen auch ETFs Kursschwankungen. Fällt der 18. Geburtstag in eine Finanzkrise und man braucht dringend Geld, um zum Beispiel Führerschein oder Studium finanzieren zu können, hat das Auswirkungen auf den Auszahlwert.

Strukturelle Investitionen sind notwendig

Dazu kommt: Wenn man über soziale Ungleichheit spricht, dann geht es vor allem um strukturelle Probleme. Kindern bleibt häufig ohne eigene Schuld der Weg zu Bildung und besseren beruflichen Chancen verbaut, etwa aufgrund ihrer sozialen Herkunft.

Dem Bildungsbarometer des Ifo-Instituts 2024 zufolge glauben 66 Prozent der Bürger, dass zunehmende Unterschiede im Familienhintergrund der Kinder die schulischen Leistungen negativ beeinflussen.

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Fehlende Ausstattung und Förderung in den Schulen verbaut speziell Kindern aus finanzschwächeren Haushalten stärker die Perspektive. Ein Deutschland-ETF funktioniert als kleine Hilfe, aber ersetzt keine Investitionen ins und Anpassungen am Bildungssystem und in Sachen Chancengleichheit.

Finanzbildung bleibt aus

Wer mit 18 Jahren plötzlich einen Batzen Geld in die Hand gedrückt bekommt, der lernt nicht zwingend auch, wie man damit gewissenhaft umgeht. Sinnvoll wäre es, würden Familien und Kinder bereits vor der Volljährigkeit weitere finanzielle Unterstützung bekommen, die sie gemeinsam entsprechend investieren.