Das Sozialministerium des Landes ist zuversichtlich: Die Impfzentren werden stehen, das Personal verfügbar sein. Doch woher sollen die 1100 Einsatzkräfte für die Zentralen Impfzentren sowie die 3300 für die Kreisimpfzentren eigentlich kommen?

Der Sprecher des Ministeriums sagt dem SÜDKURIER auf Nachfrage: „Die Landesärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung, die Unikliniken, Krankenhäuser, Hilfsorganisationen wie das DRK, die Blaulichtfamilie und viele andere haben bereits ihre Unterstützung angeboten.“ Konkrete Zahlen, wie viel Personal auf diese Weise verfügbar wäre, nennt er nicht. Vieles ist noch in der Planung, das Sozialministerium steht derzeit etwa mit der Leitungsebene des Deutschen Roten Kreuzes in Verbindung. Einige Standorte werden zwar von Unikliniken oder Krankenhäusern übernommen, so etwa in Heidelberg und Stuttgart, doch was ist mit den übrigen Impfzentren?

Der SÜDKURIER hat bei den Hilfsorganisationen und Ärztevertretern in Baden-Württemberg nachgefragt, wie viel Hilfe überhaupt möglich ist.

Sozialminister Manfred Mucha (Grüne, l), lässt sich im Messezentrum von Notfallsanitäterin Dorothea Gansloser im Beisein von ...
Sozialminister Manfred Mucha (Grüne, l), lässt sich im Messezentrum von Notfallsanitäterin Dorothea Gansloser im Beisein von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne, r) und Innenminister Thomas Strobl (CDU, M) den Ablauf einer Impfung demonstrieren. Das Deutsche Rote Kreuz probte den Ablauf zur Impfung eines Corona-Impfstoffs in Ulm, in dem eines von acht weiteren für das Land Baden-Württemberg geplanten Impfzentren eingerichtet wurde. | Bild: Stefan Puchner

Technisches Hilfswerk lediglich für den Aufbau zuständig

Das Technische Hilfswerk könne bei der Infrastruktur und Logistik unterstützen, sagt Peter Buß, Sprecher der Landesverbandsdienststelle des THW. Vor allem beim Aufbau der Impfzentren könnten die Mitglieder des THW demnach mitanpacken. Aber auch den Transport, die Infrastruktur, die Elektroversorgung und Notversorgung könnte das Hilfswerk übernehmen.

Schon im Frühjahr hat das THW vielfach bei der Errichtung von Testzentren und Abstrichstellen mitgeholfen. „Meist sind diese Einsätze in zwei bis drei Tagen abgeschlossen und es gibt einige Tage Vorlaufzeit, sodass sie gut geplant werden können“, erklärt Buß.

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Beim Einsatz werde darauf geachtet, die Teams möglichst klein zu halten. Grundsätzlich stehen in Baden-Württemberg mehrere tausend einsatzfähige Helfer zur Verfügung, ergänzt der Sprecher. Das THW zählt im Südwesten mehr als 10.000 Ehrenamtliche.

Ehrenamtliche, die vom Land, dem Kreis oder der Gemeinde angefordert werden, haben übrigens einen Freistellungsanspruch nach dem THW-Gesetz: „Das bedeutet, Ihr Arbeitgeber muss Sie für die Zeit des Einsatzes von der Arbeit freistellen.“

Malteser können beim Betrieb helfen

Auch die Malteser können nach Angaben von Petra Ipp-Zavazal, Sprecherin der Regionalgeschäftsstelle Baden-Württemberg, beim Aufbau der Impfzentren helfen. Darüber hinaus böten sich die Malteser beim Betrieb der Impfzentren und bei den mobilen Impfteams an, ergänzt die Sprecherin.

Die Malteser waren bereits bei den Corona-Abstrichzentren und mobilen Testzentren involviert. Auch diesmal könnten sie mit Fach- und Verwaltungspersonal die Impfzentren unterstützen, so Ipp-Zavazal weiter. Konkret nannte sie medizinisches Fachpersonal, Dokumentationskräfte sowie Fahrzeuge mit Fahrern für die mobilen Impfteams.

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben sich ihren Angaben nach etwa 760 ehren- und hauptamtliche Malteser in 28 Stadt- und Landkreisen engagiert. Allein im Sanitätsdienst der Malteser sind im Land fast 3000 Helfer engagiert. Der Landes- und Regionalgeschäftsführer der Malteser, Klaus Weber, gibt sich zuversichtlich: „Wir sind überzeugt, dass viele unserer ehrenamtlichen Malteser gerne ihre Zeit und ihr Wissen einsetzen werden, um ihren Beitrag zur Bewältigung und Beendigung der Corona-Pandemie zu leisten.“

Johanniter stehen bereit

„Es wird darauf hinauslaufen, dass die Impfzentren voraussichtlich zunächst einmal hauptsächlich von Ehrenamtlichen betrieben werden“, sagt der Fachbereichsleiter für den Bereich Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz bei der Bundesgeschäftsstelle der Johanniter, Kevin Gregorian, dem SÜDKURIER.

In Baden-Württemberg haben die Johanniter 2345 Ehrenamtliche inklusive Jugendlicher. Auch medizinisches Personal stehe zur Verfügung, ergänzt Gregorian. Bei Ehrenamtlichen stelle sich aber die Frage, wie lange diese von ihrem Hauptberuf freigestellt werden können: „Bei einer solchen Dauerlage ist es sicher nicht optimal, wenn die Arbeitskraft bei Unternehmen fehlt“, erklärt er. Deshalb müssten Ehrenamtliche mittelfristig abgelöst werden von hauptamtlichen Johannitern.

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1901 Johanniter sind nach Angaben einer Sprecherin hauptamtlich in Baden-Württemberg aktiv. Wie viele von ihnen „später in die Impfzentren hinzugezogen werden können, ist aktuell nicht beantwortbar“, sagt die Sprecherin weiter. Kurzfristig sei der Einsatz von Hauptamtlichen nicht möglich. sagt auch Gregorian: „Bei einem Aufschlag binnen drei Wochen ist es schwer, das mit einer hauptamtlichen Mannschaft zu stemmen“, ergänzt er. Eingesetzt werden könnten Johanniter sowohl in den klassischen Medizinberufen als auch in der Sicherheit, Betreuung, Logistik, in der Leitung und Führung. Einen Aufruf an die Mitglieder haben die Johanniter in Baden-Württemberg aber noch nicht gestartet, sagt Gregorian.

Rotes Kreuz wartet auf Auftrag

„Das Sozialministerium hat uns noch keinen Auftrag erteilt“, sagt Karin Bundschuh, Sprecherin des DRK-Landesverband Badisches Rotes Kreuz. „Wir sind aber dabei, uns vorzubereiten mit dem, was möglich ist“, betont sie. Und: „Wir werden alles tun, um zu unterstützen, wenn wir gebeten werden. Auch aus den Landkreisen habe es noch keine Anfragen gegeben, um bei den Kreisimpfzentren zu untersützen, ergänzt Bundschuh.

Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes simulieren im Ulmer Messezentrum den Ablauf zur Impfung eines Corona-Impfstoffs.
Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes simulieren im Ulmer Messezentrum den Ablauf zur Impfung eines Corona-Impfstoffs. | Bild: Stefan Puchner

Das DRK kann theoretisch in Nordbaden und Württemberg auf 47.274 ehrenamtlich Aktive zurückgreifen, in Südbaden auf 15.993. „Unsere Leute scharren mit den Hufen, wir wollen helfen“, sagt Bundschuh. Einen Aufruf an die Ehrenamtlichen habe der Verband aber noch nicht gestartet, weil die konkreten Einsatzorte noch nicht bekannt seien. Sollte das DRK angefordert werden, könnte es aber in vielen Bereichen unterstützen, so Bundschuh: von der Registrierung über die Dokumentation über die Begleitung der Patienten bis hin zu Fahrdiensten bei den mobilen Einsatzteams sei alles möglich.

An den Hilfsorganisationen dürfte der ambitionierte Plan der Landesregierung also kaum scheitern. Doch wie sieht es beim medizinischen Personal, speziell den Ärzten, die für die Aufklärungsgespräche und teils auch zum Impfen gebraucht werden, aus? Nach Berechnungen der Landesregierung aus einem Umsetzungspapier, das dieser Redaktion vorliegt, geht man von 13 Ärzten pro Schicht aus. Damit wären allein für die Zentralen Impfzentren, neun an der Zahl, im Doppelschichtbetrieb 234 Ärzte nötig. Hinzu kommen die Kreisimpfzentren: In jedem Kreis soll mindestens ein Impfzentrum entstehen. Wie viel Ärzte dort pro Schicht notwendig sind, wird in dem Umsetzungspapier nicht erwähnt.

Landesärztekammer hat potenziell 2000 Ärzte zur Verfügung

Die Landesärztekammer sagt dem SÜDKURIER auf Anfrage, sie habe bereits im Frühjahr einen Aufruf gestartet, für Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zur Verfügung zu stehen. Damals habe die Kammer mehr als 2000 positive Rückmeldungen bekommen, sagt Sprecher Oliver Erens.

Der Aufruf richtete sich demnach vor allem an Ärzte, die nicht teil der Regelversorgung sind und Ärzte, die gerade erst in den Ruhestand eingetreten sind. Dieser „Ärztepool steht unter anderem auch für Impfungen zur Verfügung“, sagte Erens. Darüber hinaus plane die Landesärztekammer noch einen zusätzlichen Aufruf, der an alle Mitglieder gerichtet werden soll. Damit erhoffe sich die Kammer, weitere Ärzte für die Impfungen zu gewinnen.

Kassenärztliche Vereinigung

Auch die Kassenärztliche Vereinigung will bei ihren Mitgliedern um Mithilfe bei den Impfzentren werben. Das bedeute aber, „dass Ärzte nicht verpflichtet werden, in den Zentren zu arbeiten und daher auch nicht abgezogen werden. Das wird auf freiwilliger Basis laufen müssen“, betont Sprecher Kai Sonntag. Wie viele dem Aufruf folgen werden, konnte er nicht sagen.

Neben den Mitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung würden aber auch Ärzte angesprochen, die für den Notfalldienst der KV tätig sind, ergänzte Sonntag. „Wie viele Ärzte letztendlich benötigt werden, wissen wir noch nicht“, ergänzt der Sprecher.