Die Sommerferien gehen zu Ende. Für 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche in Baden-Württemberg beginnt am Montag – für Erstklässler etwas später – die Schule. Es stehen einige Neuerungen an, doch auch altbekannte Themen bleiben auf der Agenda. Ein Überblick:
- Lehrermangel: Seit etwa zehn Jahren ist es das wichtigste Thema: Wegen Lehrermangels fällt viel Unterricht aus. Zuletzt besserte sich die Lage aber. Politische Maßnahmen wie die Erhöhung von Studienplätzen im Bereich Grundschule zeigten Wirkung. Waren zu Beginn des Schuljahres 2022/23 noch 890 Stellen unbesetzt, waren es vergangenes Jahr nur 250 Stellen – ein klarer Aufwärtstrend. Diesmal hätte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) fast Vollbesetzung verkünden können – doch ihr kamen die 1440 „Geisterstellen“ dazwischen. Statt 4660 muss sie 6100 Posten besetzen.
- Schülerzahlen: Dass die Schülerzahlen, die zuletzt rund 20 Jahre zurückgingen, seit 2022 wieder steigen, verschärft das Problem. Dieses Schuljahr gibt es 440 Grundschulklassen mehr als im vergangenen. Rund 3000 Kinder allein aus der Ukraine gehen hier zur Schule. Davon abgesehen ist Lehrermangel ein zu pauschaler Begriff. Es gibt Schularten (aktuell vor allem Sonderschulen), Regionen (ländliche Räume wie Waldshut-Tiengen oder die Baar) und Fächer (Informatik, Kunst), in denen mit fachfremdem Unterricht und Ausfällen zu rechnen ist. Zugleich finden viele Gymnasiallehrer keine Stelle. Der Philologenverband fordert auch deshalb kleinere Klassen und eine Aufstockung der Lehrerversorgung.
- Rückkehr zu G9: Die größte strukturelle Änderung im Schulsystem seit Jahren findet am Gymnasium statt. Dort starten die Jahrgänge 5 und 6 in Richtung Abitur nach Klasse 13. Zuletzt war G8, also Abi nach Klasse 12, Standard im Südwesten. Da aber der Schulstoff vor allem gestreckt wird, haben Gymnasiasten weniger Wochenstunden. Einige Eltern dürfte das vor Betreuungsprobleme stellen, erwartet etwa Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft GEW. „In der fünften und sechsten Klasse der allgemeinbildenden Gymnasien sprechen wir nicht einmal mehr von einer Halbtagsschule“, monierte sie.
- Werkrealschulen: An den Werkrealschulen, eine baden-württembergische Besonderheit, starten die ersten Fünftklässler, die den entsprechenden Abschluss nicht mehr machen können. Im Zuge der G-9-Reform schaffte Grün-Schwarz den Werkrealschulabschluss ab. Die Schulen sollen die Kinder nun zum Hauptschulabschluss führen. Experten erwarten, dass viele Werkrealschulen mangels Schülerzahlen unter Schließungsdruck geraten. Schon zuletzt ging ihre Zahl zurück.
- Mehr Medienbildung: Es gibt auch wieder Änderungen im Unterricht. Die wohl größte: Zum neuen Schuljahr läuft an allen weiterführenden Schulen ein neues Fach an. „Informatik und Medienbildung“ soll zunächst in den Klassen fünf und sechs starten und perspektivisch, je nach Schulart, bis Klasse neun, zehn oder elf aufwachsen.
- Ausbau der Sprachförderung: Mehr Förderung in Basiskompetenzen, vor allem für Kinder am unteren Rand des Leistungsspektrums, das hat Schopper zum wichtigsten Vorhaben erklärt. Kern ist ein großes Sprachförderprogramm in Grundschulen und Kitas. Kommendes Schuljahr sollen es flächendeckende Angebote geben, zudem sollen verpflichtende „Juniorklassen“ hinzukommen, für Kinder, die noch nicht schulreif sind. An Grundschulen starten „Mathematik-Lernbänder“ für mehr Routine beim Rechnen.