Der erste Schnee hat sich über Tannheim gelegt. Madeleine Kretzschmar ist erleichtert, denn sie hatte den Kindern Schnee im Schwarzwald versprochen. In ihrem Heimatort zwischen Leipzig und Dresden schneit es selten. Es ist Kurts erster Schnee überhaupt, er ist gerade einmal elf Monate alt. Die Strapazen, die er in dieser kurzen Zeit mitgemacht hat, sieht man ihm nicht an. Er sieht aus wie ein gesundes Baby, das gerade alles daransetzt, bald dem großen Bruder hinterherzukommen. Der vierjährige Hans sagt: „Kurti ist mein Held.“
Anruf noch aus dem OP: Kurt hat die schwierige Operation überstanden
Der kleine Kurt ist vier Monate alt, als bei ihm Leberkrebs diagnostiziert wird. Die Beule am Bauch, die den Eltern beim Wickeln aufgefallen war, zeigen sie bei einem Routinetermin dem Kinderarzt. Sie werden an die Kinderonkologie der Uniklinik Leipzig überwiesen. „Da wussten wir, wir haben ein schwerkrankes Kind“, erinnert sich sein Papa, Martin Kretzschmar. Kurt bekommt in der Klinik sechs Blöcke Chemotherapie, zwischen den Blöcken darf er für zehn Tage nach Hause. Nach dem fünften Chemoblock wird er operiert. Eine Hochrisiko-OP, da das Tumorgewebe eine Vene umschlungen hat und Kurt noch so klein ist. „Das war der härteste Tag“, erinnern sich die Eltern, „Kurt abzugeben, ohne zu wissen, ob wir ihn wiederbekommen.“ Bereits aus dem OP hätten die Ärzte daher angerufen, um Entwarnung zu geben. Kurt hat die schwierige Operation überstanden. 65 Prozent der Leber mussten entfernt werden. Doch das Restgewebe reicht aus, um die Leberfunktion zu übernehmen.

„Aber die Angst vor den Nachsorgeterminen wird wohl bleiben“, sagt Madeleine Kretzschmar. Seit sie in Tannheim sind, „merke ich, wie ich runterfahre.“ Die psychologische Beratung tue sehr gut. Ein großer Gewinn sei auch, sich in der onkologischen Elterngruppe mit anderen Eltern krebskranker Kinder auszutauschen. „Sich Zeit für sich selbst und die Familie zu nehmen“, genießen die Eltern am meisten. „Wir machen uns hier wieder fit für den Alltag“, sagt Martin Kretzschmar. Er hat in Tannheim Entspannungstechniken kennengelernt, die er auch zu Hause versuchen will. Das erste Babyjahr hat die Familie zu einem großen Teil in der Klinik und in Sorge um Kurt verbracht. Chemotherapie und Risikooperation statt des geplanten gemeinsamen Elternzeitmonats in Spanien. Und dennoch: „Die Krankheit hat uns noch näher zusammengebracht“, sagt Martin Kretzschmar.
Hans hat seinen kleinen Bruder oft vermisst
Besonders hart sei es für Hans gewesen, meinen die Eltern. Er habe seinen kleinen Bruder und seine Mama oft vermisst, wenn Madeleine Kretzschmar Kurt bei den zahlreichen Klinikaufenthalten begleitete. Hans bekommt daher in Tannheim eine heilpädagogische Behandlung, um herauszufinden, wie er das Ganze verarbeitet hat. Der quirlige Junge geht gerne zur Kinderbetreuung in seine Schneckengruppe. Er macht einen Schwimmkurs im klinikeigenen Hallenbad während der Reha und erzählt begeistert vom Ponyreiten und den Tieren im Therapiestall.
Kurt bekommt Physiotherapie. Mit Beginn der Chemo hat er quasi aufgehört, sich zu entwickeln. Doch langsam merke man, dass es wieder vorwärts geht, sagen seine Eltern. Manchmal bleibt er schon im Storchennest, das ist die Kindergruppe für die Kleinsten. Dann genießen seine Eltern, dass sie mal wieder eine Stunde etwas zu zweit unternehmen können. Aber das Schönste sei, als ganze Familie die Ruhe und die Natur zu genießen. „Wir erleben hier Momente, die wir seit Jahren nicht mehr hatten“, sagt Martin Kretzschmar. „Gestern haben wir einen Schneemann gebaut.“ Madeleine Kretzschmar sagt, sie sei sehr froh, dass sie hier sind. Es sei genau die richtige Hilfe zur rechten Zeit für die ganze Familie. Gut also, dass sogar der Schnee, den sie den Kindern im Schwarzwald versprochen hatte, rechtzeitig gefallen ist.
So helfen Sie
Das SÜDKURIER
Medienhaus bittet mit der Weihnachtsaktion um Ihre Unterstützung für die Nachsorgeklinik. Mit den Spenden soll der Bau eines neuen Kinderhauses realisiert werden.
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Empfänger: Nachsorgeklinik Tannheim Sparkasse Schwarzwald-Baar
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Eine Spendenbescheinigung wird ab 100 Euro ausgestellt. Unterhalb dieses Betrages reicht beim Finanzamt die Vorlage des Kontoauszuges.