Das Spitzentreffen war seit Beginn des Monats mit Spannung erwartet worden. Die Begegnung von Erzbischof Stephan Burger und Georg Gänswein sollte klären, welche Aufgaben der Titularerzbischof nach seiner Rückkehr vor zehn Tagen übernehmen wird.
Das Ergebnis der Unterredung, die bereits am Freitag stattfand, ist überschaubar. „Dr. Gänswein wird keine Stelle im Erzbischöflichen Ordinariat und keine dauerhafte, feste Tätigkeit für die Erzdiözese übernehmen“, heißt es nüchtern aus der Pressestelle des Ordinariats als der Verwaltung der Diözese.
Keine Stelle, keine feste Aufgabe
Damit bestätigt sich, was Kenner der verwickelten Materie bereits vermuteten: Gänswein wird im katholischen Baden keine Stelle erhalten, nachdem ihn der Papst vor Wochen aus Rom weggeschickt hatte, ohne ihm eine Aufgabe zuzuweisen. Schon damals war klar, dass der Ex-Papstsekretär ohne klar definierte Position den Vatikan verlassen würde.
Der Privatmann Gänswein wird dennoch nicht nur privat wohnen und sich im Priesterseminar Borromäum aufhalten. Vielmehr soll er Firmungen oder örtliche Festgottesdienste im Auftrag von Stephan Burger wahrnehmen, berichtet der Sprecher der Erzdiözese im Gespräch mit dem SÜDKURIER.
Das liegt in der üblichen Praxis in Freiburg wie auch in anderen Bistümern: Pensionierte Geistliche helfen weiterhin aus, und emeritierte Bischöfe wie Paul Wehrle sind auch im Ruhestand als Firmspender und Festredner unterwegs. Bei der länglichen Ausdehnung des Erzbistums zwischen Heidelberg und Überlingen am Bodensee ist die Erzdiözese über hochrangige Aushilfen mehr als dankbar.
Warum Dr. Gänswein?
Noch in seiner Zeit in Rom wurde der gebürtige Schwarzwälder (aus Riedern am Wald, Kreis Waldshut) zum Ehrendomherr am Freiburger Münster ernannt. Der eher dekorative Titel soll in Zukunft mit Leben gefüllt werden. „Ab Herbst wird Dr. Gänswein regelmäßig Gottesdiensten im Freiburger Münster vorstehen“, heißt es in der Zusammenfassung des Spitzengesprächs. Wenn man dabei zwischen den Zeilen liest, wird eine spürbare Distanz greifbar.
Der bekannte Kirchenmann wird vom Ordinariat nur einmal als „Erzbischof“, in der Folge immer als „Dr. Gänswein“ bezeichnet. Damit wird wohl unterstrichen, dass es im Bistum nur einen gewählten und autoritativen Erzbischof gibt – Stephan Burger. In dieser Einschätzung sind sich die meisten badischen Pfarrer einig.
In einem Interview mit der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ hatte Gänswein kürzlich gesagt: „Ich muss erst noch herausfinden, was ich machen werde.“ Sich selbst hatte er dabei als „Nervensäge“ bezeichnet; es sei ihm wohl bewusst, dass die Situation für alle schwierig sei. Der italienische Reporter war eigens aus Mailand angereist und hatte ihn in Freiburg aufgespürt. Gänswein spricht nach einem Vierteljahrhundert in Rom fließend Italienisch.