Wenn man die hohen Kirchenmänner in Freiburg in diesen Tagen ärgern will, muss man sie nur nach Georg Gänswein fragen. Natürlich wollen Journalistinnen oder Reporter einen Domkapitular in Freiburg nicht absichtlich ärgern, und doch gehört die Frage nach dem Privatsekretär a. D. derzeit zum Repertoire der Rätsel.

Die interviewten Mitarbeiter im Ordinariat reagieren zunehmend genervt. Die Rückkehr des ehemaligen Kurienerzbischofs entwickelt sich zum medialen Selbstläufer, der vieles andere überstrahlt – unnötigerweise. Alles, was Gänswein tut, nicht tut oder zu tun wünscht, scheint da berichtenswert. Was macht, wo wohnt, wohin reist er? Mit den knappen Meldungen darüber lassen sich mittlerweile Bände füllen.

Nicht Gänswein, die Kirche selbst sollte Thema sein

„Die Rückkehr von Erzbischof Gänswein ist seine private Sache.“ Diese Auskunft erteilte noch vor zwei Wochen ein Sprecher der Erzdiözese Freiburg und verwies darauf, dass er deshalb nichts sagen könne. Der Mann klang verärgert. Eigentlich geht es um anderes, um Kirchenentwicklung, den Missbrauch, die Finanzen, sagt der Sprecher.

Und dann wird ein unliebsamer Prälat nach Freiburg zurückgeschickt. Auch wenn Gänswein auf Weisung des Papstes und als Privatmann ohne Dienstwagen vorfahren wird, ist er doch eine öffentliche Person. Zumal sein künftiger Wohnsitz in einer prominenten Liegenschaft der katholischen Kirche liegen wird: Der Monsignore wird bald im Borromäum wohnen – dem Priesterseminar der Erzdiözese, das aus Mitteln der Kirchensteuer finanziert wird.

Ist die Rektoren-Wohnung in Freiburg angemessen ?

Der SÜDKURIER berichtete als erster von der neuen Heimstatt des Erzbischofs. Dass er dort die Wohnung des Direktors beziehen wird, sorgt für ein erstes Naserümpfen.

Es gibt Stimmen im Klerus, die das Appartement dieses Zuschnitts (150 Quadratmeter) für einen Privatmann für überdimensioniert halten. Es sei nicht angemessen, dass ein Vorruheständler diese doch privilegierten Räume Platz erhalte. Die Wohnung im Borromäum liegt in der Innenstadt und direkt hinter dem Münster.

Wer bezahlt den Sold von Gänswein?

Geklärt ist indes die Besoldung. Sogar Menschen, die längst keine Kirchensteuer mehr entrichten, sorgen sich, dass ein zurückgekehrter Erzbischof dem Erzbistum auf der Tasche liegen könne. Diese Sorge kann der Personalchef der Erzdiözese, Michael Hauser, entkräften. Er weist darauf hin, dass Gänswein bereits bisher von Freiburg unterstützt wurde.

Üblich sei dabei dieses Verfahren: Da der Vatikan deutlich schlechter bezahlt als die deutsche Kirche, wird der verminderte Verdienst ausgeglichen. Das Heimatbistum Freiburg legt drauf, damit sich der nach Rom entsandte Geistliche nicht schlechter stellt. Diese Regelung, sagt Hauser, sei allgemein üblich, wenn man gute Leute wie den Kirchenjuristen Gänswein nach Rom delegiere.

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Mit anderen Worten: Georg Gänswein, der ehemalige Protokollchef und päpstliche Sekretär, war die ganzen römischen Jahre über von badischen Katholiken still unterstützt. Wie hoch seine monatlichen Bezüge liegen, das wollte und konnte Personalchef Hauser nicht sagen; das sei Privatsache, so Hauser.

Was ist privat und was nicht ?

Keine Privatsache ist dagegen der zukünftige Platz des Rückkehrers im kirchlichen Organigramm. Formell ist er Stephan Burger gleichgestellt. Beide sind Erzbischöfe, sie haben denselben Weihegrad. Damit erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten bereits.

Denn Burger ist gewählter Erzbischof von Freiburg, dem seine Pfarrer zum Gehorsam verpflichtet sind. Gänswein dagegen ist Erzbischof dem Titel nach, er verfügt aber über keinen Mitarbeiter, keinen Apparat. Ein Hirt ohne Herde – seine Diözese steht nur auf dem Papier, sie ist längst untergegangen. Er steht außerhalb des Gefüges des Erzbistums.

Gänswein ist sein eigener Chef

Durch seine Weihe zum Erzbischof durch Papst Benedikt 2013 verließ er den Verband der Priester der Erzdiözese automatisch. „Mit dem Empfang der Bischofsweihe scheidet ein Priester aus dem alten Inkardinationsverband aus“, berichtet Personalchef Hauser.

Mit anderen Worten: Stephan Burger kann seinem prominenten Kollegen keine Anweisung erteilen – er kann ihn nur bitten. Der Mann aus Rom wird sein eigener Herr sein. Dass er mit dem liberalen Katholizismus in Baden und anderen deutschen Regionen wenig anfangen kann, hat er in den vergangenen Jahren mehrfach kundgetan.

Einige traditionell denkenden Katholiken hofften, dass Gänswein Sitz und Stimme in der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) erhält – und dort den Einfluss des konservativen Flügels stärken kann. Diese Hoffnung läuft ins Leere. In diesem Gremium sitzen nur die regulären Ortsbischöfe du deren Wehbischöfe. Georg Gänswein wird dort nicht vertreten sein.

Die Basis hat andere Themen

Während hohe Geistliche in Freiburg der Ankunft des Rückwanderers mit gemischten Gefühlen entgegensehen, versteht man die Aufregung in der Fläche nicht. Aktive Katholiken beschäftigen sich mit ihrer Pfarrgemeinde, der nächsten Firmung und anstehenden Renovationen.

Georg Gänswein und die Phantomschmerzen vieler Konservativen werden an der aktiven Basis eher als Randnotiz wahrgenommen. Marc Mudrak, Sprecher der Erzdiözese, sagt: „Natürlich reden auch unsere Mitglieder über die Personalie. Aber nach meinem Eindruck interessiert Georg Gänswein vor allem Menschen außerhalb der katholischen Kirche. Die Engagierten haben ganz andere Themen.“