Schunkeln mit anderthalb Metern Abstand? Undenkbar. Die Karnevalisten in Düsseldorf haben deshalb schon entschieden: Die Saalveranstaltungen in der kommenden Saison sollen nur für Geimpfte oder Genesene zugänglich sein. Ein negativer Test reicht damit nicht aus, um Zutritt zu den Veranstaltungen zu bekommen. Im benachbarten Rheinland-Pfalz ist man noch zögerlich: Die Mainzer Fastnachtsvereine wollen erst im Herbst entscheiden. Wie aber stehen Fastnachtszünfte und -vereine in Südbaden dazu?

Roland Wehrle, Chef der VSAN, Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte, kann die Entscheidung aus Düsseldorf verstehen. Er will ...
Roland Wehrle, Chef der VSAN, Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte, kann die Entscheidung aus Düsseldorf verstehen. Er will aber niemanden ausschließen. | Bild: Fricker, Ulrich

Roland Wehrle ist Chef der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte. Dem SÜDKURIER sagt er, er könne die Entscheidung der Düsseldorfer Karnevalisten verstehen. „Das finde ich schon richtig. Der Karneval lebt nun einmal von Saalveranstaltungen, da sitzt man eng zusammen. Für uns in der Schwäbisch-allemanischen Fastnacht, wo mehr auf der Straße stattfindet, ist das anders.“

So könne man bei der Straßenfastnacht ohnehin nicht kontrollieren, ob alle geimpft oder genesen sind, oder sich haben testen lassen. Abstände dürften bei Umzügen auch kaum eingehalten werden. „Deshalb habe ich immer schon an die Mitglieder von Vereinen und Zünften appelliert, sich impfen zu lassen, um die Fastnacht zu sichern“, stellt Wehrle klar.

Appell zum Impfen

„Ich sehe es so: Ein großes fröhliches Fest werden wir nur feiern können, wenn ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist“, sagt Wehrle. Dennoch glaubt er, dass es ohne Vorgaben bei der hiesigen Saalfastnacht nicht gehen werde, es werde die 3G-Regel gelten. Mit kostenpflichtigen Test werde das für die Betroffenen allerdings schwieriger. Auch fände Wehrle einen Schnelltest nicht ausreichend: „Aus meiner Sicht müsste es dann ein PCR-Test vorliegen. So wie momentan bei Flugreisen, dann wäre es in Ordnung.“ Die neue Corona-Verordnung des Landes, die ab 16. August gelten wird, soll nach Sozialministeriums-Angaben ohnehin eine PCR-Testpflicht für den Zugang zu Kulturveranstaltungen im Innenraum vorsehen.

Ungeimpfte grundsätzlich ausschließen will Wehrle aber nicht, schließlich gebe es auch Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen könnten, etwa, weil sie allergisch reagierten. Noch will sich Wehrle aber nicht festlegen – erst im Herbst könne man konkreter planen. Für eine Rückkehr zur Normalität in der Fastnacht sei es aber noch zu früh, ergänzt er.

Stockacher Narrengericht mit 3G-Regel

Jürgen Koterzyna, Narrenrichter beim Stockacher Narrengericht, sagt: „Grundsätzlich wichtig, dass Fasnacht wieder stattfinden kann.“ Da in Düsseldorf 95 Prozent der Veranstaltungen in den Sälen stattfänden, könne er die Entscheidung nachvollziehen. „Ob das für uns so ist, kann ich jetzt noch nicht beurteilen.“

Narrenrichter Jürgen Koterzyna hält die 3G-Regel für vertretbar. Ungeimpfte ausschließen will aber auch er nicht, solange sie einen Test ...
Narrenrichter Jürgen Koterzyna hält die 3G-Regel für vertretbar. Ungeimpfte ausschließen will aber auch er nicht, solange sie einen Test vorweisen können. | Bild: Siegfried Kempter

Derzeit ginge er aber davon aus, dass auch das Stockacher Narrengericht sich an der 3G-Regel orientieren würde – abhängig von den Entscheidungen der Politik. Einschränken würde er dies nur, wenn sich herausstellen würde, dass die Schnelltests zu unsicher seien. PCR-Test könnte dann eine Alternative sein. Bei der Straßenfastnacht hat Koterzyna keine Bedenken – Stadtfeste und Märkte seien möglich, Veranstaltungen bis zu 25.000 seien ja schon jetzt möglich.

Zustimmung von Niederburg-Chef Böhler

Mario Böhler, Präsident der Konstanzer Narrengesellschaft Niederburg und für die Saalfasnacht im Konzil zuständig, lobt derweil die Düsseldorfer Entscheidung: Es sei „wissenschaftlich bewiesen, dass nur eine vollständige Impfung einen sehr guten Schutz vor einer Infektion, einem schweren Verlauf und einer Weitergabe des Virus bietet.“ Die Düsseldorfer Entscheidung sei klug und richtig. Ob man diese Regel auch für die eigenen Saalveranstaltungen übernehme, werde man im September besprechen.

Für die Straßenfasnacht stelle sich vor allem die Frage nach der Kontrollierbarkeit der Regeln. Mehr Klarheit erhofft sich Böhler durch die neue Corona-Landesverordnung. Zuversichtlich stimme ihn jedoch, wie besonnen sich die Narren in der vergangenen Fasnacht gezeigt hätten – damit können auch die kommende Fasnacht gelingen.

Kritik an Düsseldorfer Entscheidung

Rainer Hespeler, Chef der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee, sieht die Düsseldorfer Entscheidung dagegen kritisch: „Ich halte die Entscheidung für sehr unglücklich. Das läuft ja auf die 2G-Regelung aus, dass nur noch Geimpfte oder Genesene teilnehmen dürfen. Das halte ich für nicht übertragbar auf unsere Fasnacht.“

Wer sich nicht impfen lasse, habe seine Gründe, sie dürften dafür nicht ausgeschlossen werden. Die Konsequenzen müssten sie aber tragen. Testen hält auch er für unumgänglich, es müsste dann aber ein PCR-Test sein, damit die Sicherheit gewährleistet sein. „Dann dürfen wir diese Menschen aber nicht ausschließen. Wir sollten bei der 3G-Regelung bleiben.“

NVHB-Präsident Rainer Hespeler will Vorsichtsmaßnahmen treffen, damit die Fasnacht stattfinden kann. Ausschließen will er aber ...
NVHB-Präsident Rainer Hespeler will Vorsichtsmaßnahmen treffen, damit die Fasnacht stattfinden kann. Ausschließen will er aber niemanden, der einen negativen Test vorlegen kann. | Bild: Tesche, Sabine

Bei der Straßenfastnacht sehe es anders aus, so Hespeler. „Bei uns findet wahnsinnig viel auf der Straße statt, da wird es viel komplizierter.“ Bis zu 5000 Hästräger, bis zu 10.000 Besucher könnten dann in einem Dorf auflaufen – „da haben wir keine Chance, zu prüfen, ob alle geimpft, genesen oder getestet sind“, macht Hespeler deutlich. Deshalb appelliert auch er, sich impfen zu lassen, um die Herdenimmunität zu erreichen. Dann seien auch solche Veranstaltungen gut machbar.

Impfaktionen mit Unterstützung mobiler Impfteams

„Wenn wir das erreichen, dann können auch Narrentage stattfinden“, sagt Hespeler. Bliebe die Impfquote aber auf dem derzeitigen Stand von etwa 55 Prozent, könnten auch Straßenveranstaltungen ausfallen. „Ich sehe es noch nicht als gesichert, dass wir das machen können“, erklärt der Chef der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee.

Deshalb werde der Verband sich für das Impfen einsetzen. So wurde bei einem Austausch mit dem Sozialministerium in dieser Woche vereinbart, dass man mit einem Logo aufs Impfen aufmerksam machen. Zudem sollen die mobilen Impfteams bei Veranstaltungen hinzukommen können. „Wir wollen, dass die Fasnacht 2021/22 stattfinden kann.“