Grüne und CDU in Baden-Württemberg haben am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag vorgestellt, mit dem sie den Südwesten zum „Klimaschutzland Nummer eins in Deutschland und Europa“ machen wollen.

Der 162 Seiten starke Werk trägt den Titel: „Jetzt für Morgen. Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg.“ Die Spitzen um Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und CDU-Landeschef Thomas Strobl erläuterten den Vertrag und den Zuschnitt der Ministerien auf dem Forschungscampus Arena2036 in Stuttgart.

Coronabedingter Geldmangel erschwert den Start

Der von Grünen und CDU geplante „Aufbruch“ wird allerdings vom coronabedingten Geldmangel in der Landeskasse deutlich erschwert. Alle Vorhaben stehen unter einem Haushaltsvorbehalt. Schon im Vorwort des Koalitionsvertrags heißt es: „Der finanzielle Spielraum im Haushalt ist sehr klein.

Wir müssen in den kommenden Jahren noch sehr viel genauer abwägen: Welche Ausgaben müssen und wollen wir tätigen? Und welche können wir uns erst einmal nicht mehr leisten?“

Die künftige grün-schwarze Koalition verständigte sich darauf, die wichtigsten Vorhaben etwa im Klimaschutz oder beim Ausbau des schnellen Internets und des Nahverkehrs zwar anzuschieben, aber mit großen Investitionen zu warten bis die Steuereinnahmen wieder sprudeln.

Keine Neustellen in der Landesverwaltung geplant

In der Präambel des Vertrags steht: „Mehrausgaben brauchen deshalb eine solide Gegenfinanzierung.“ Nach den jüngsten Prognosen fehlen in den nächsten drei Jahren jeweils etwa vier Milliarden Euro.

Das hat auch Folgen für das Personal. Es sei vorgesehen, „in Summe hinsichtlich Anzahl und Kosten keine Neustellen in der Landesverwaltung zu schaffen“. Der schon geplante Wegfall von Stellen soll vollzogen werden. „Sämtliche Ausgaben stehen auf dem Prüfstand“, schreiben Grüne und CDU.

Sicherheit im öffentlichen Raum soll erhöht werden

Aber: Innenminister und CDU-Landeschef Thomas Strobl setzte folgende Formulierung durch: „Wir werden die Polizei personell und technisch weiter kräftig stärken und die Sicherheit im öffentlichen Raum erhöhen.“ Wie das finanziert werden soll, ist allerdings unklar.

Das Politik-Ziel der künftigen Koalition soll ein Dreiklang sein: „Konsequenter Klimaschutz, eine neue wirtschaftliche Stärke und echter Zusammenhalt“. Der Geldmangel bedeute nicht, „dass wir deshalb unseren Gestaltungsanspruch aufgeben. Im Gegenteil.“

Trotz schlechter Haushaltslage will Grün-Schwarz ein zusätzliches Ministerium schaffen. Die CDU werde das neue Ressort führen, das für Bauen, Wohnen und Raumplanung zuständig sein soll, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstagabend. Damit können die Grünen nach ihrem klaren Wahlsieg sechs Fachressorts besetzen, die CDU weiterhin fünf.

Parteitage müssen dem Koalitionsvertrag noch zustimmen

Allerdings muss für das neue Ministerium vor allem das CDU-geführte Wirtschaftsressort Zuständigkeiten abgeben. Fest steht demnach nun auch, dass die Grünen erstmals im Südwesten das Kultusministerium übernehmen.

Am Samstag müssen die Parteitage von Grünen und CDU dem Koalitionsvertrag zustimmen. Und in einer Woche will sich der 72-jährige Kretschmann zum dritten Mal zum Regierungschef wählen lassen.

Bei der Landtagswahl vor über sieben Wochen hatten die Grünen einen historischen Sieg eingefahren und ihren Koalitionspartner CDU 8,5 Prozentpunkte hinter sich gelassen.

Kretschmann: „Es ist ja nicht so, dass wir kein Geld haben“

Die riesigen Haushaltslücken des Landes werden nach Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) keinen politischen Stillstand verursachen. „Es ist ja nicht so, dass wir kein Geld haben“, sagte Kretschmann in Stuttgart.

Das Land verfüge nach wie vor über einen Haushalt von 50 Milliarden Euro. Das werde nicht auf Null gesetzt, nur weil die Steuereinnahmen nun sänken, sagte Kretschmann.

Das Land werde weiter investieren, etwa in Polizei und Schulen. Niemand müsse denken, dass alles stillstehe. Es wäre ein schlechtes Zeugnis, wenn die Politik nicht in der Lage wäre, mit weniger Mitteln ihre Ziele zu erreichen.

(dpa)