Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) rechnet für den Mai mit einer Verdopplung der Impfstoffmenge. Beim mit Spannung erwarteten Spitzengespräch mit 100 Teilnehmern kann der Grünen-Politiker für die laufende Woche einen Rekord vermelden. Erstmals hätten die Impfzentren täglich mehr als 47.000 Spritzen verabreicht. Dazu kamen durchschnittlich 23.000 Impfungen am Tag durch die Hausarztpraxen.

Lucha geht davon aus, dass die Impfzentren im Mai erstmals ihre Volllast erreichen und dann täglich 80.000 Personen impfen. In den nächsten beiden Wochen erhalten die Zentren jeweils rund 300.000 Dosen. Lucha geht davon aus, dass die 3500 Hausarztpraxen im Südwesten im Mai „zu einer gleichberechtigten Säule heranwachsen“. Ihre Stärke sei die Nähe zu den Patienten. Das sei für den Schutz der Risikogruppen besonders wichtig.

Im Mai sollen Betriebsärzte mitimpfen

Erstmals im Mai sollen auch die Betriebsärzte ins Impfgeschäft einbezogen werden. Vorrangig zum Zug kommen sollen die Mitarbeiter, die zu Risikogruppen gehören. Das Land will einen Modellversuch in den Haftanstalten starten und zur Vorbereitung einen Dialog mit den Unternehmen organisieren.

Mittelständische Unternehmen könnten dabei mit externen Betriebsärzten einbezogen werden. Für die Unternehmer Baden-Württemberg hatte Präsident Rainer Dulger zuvor zur Eile gedrängt: „Wir müssen jetzt den Impfturbo zünden.“ Betriebsärzten käme eine tragende Rolle als dritte Säule neben den Hausärzten und den Impfzentren zu.

Gesundheitsminister Manfred Lucha hat Änderungen bei der Impfstoffverteilung angekündigt.
Gesundheitsminister Manfred Lucha hat Änderungen bei der Impfstoffverteilung angekündigt. | Bild: Bernd Weißbrod/dpa

Gleich an zwei Stellen kündigt Lucha bei dem zweistündigen Austausch mit zahlreichen Beteiligten Korrekturen an. Künftig sollen die Impfstoffe nach Einwohnerzahl und Impfquoten auf die Landkreise verteilt werden.

Die bisher praktizierte einheitliche Belieferung der Kreisimpfzentren habe zu einer „Unwucht“ geführt. Kurzfristig sollen die mobilen Impfteams für einen fairen Ausgleich sorgen. Landkreistagspräsident Joachim Walter begrüßt die Änderung, verlangt aber auch mehr Transparenz bei der Verteilung.

Konstanzer Landrat zufrieden

Der Konstanzer Landrat Zeno Danner sagte dem SÜDKURIER zudem, dass ab kommender Woche eine Impfquote eingeführt werden solle – die Landkreise also erstmals eine Übersicht darüber haben, wie viele Bürger des Kreises bereits eine Impfung erhalten habe. Danner hielt dies mit Blick auf künftige Infektionsschutzmaßnahmen für besonders wichtig.

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Die Ergebnisse des Impfgipfels gingen „in die richtige Richtung“, so Danner. Die Umverteilung über die mobilen Impfteams der Zentralen Impfzentren sei aber ein „guter Kompromiss“.

Weniger Impfstoff zurückstellen

Außerdem reagiert Lucha auf die Kritik, dass Impfstoff für die zweite Impfung zurückgestellt wird. „Jede Dose, die ins Land kommt, muss schnellstmöglich verimpft werden“, fordert der Minister nun. In den Impfzentren sollten „keine unnötigen Vorräte angelegt werden“. Im Ländervergleich hat Baden-Württemberg meist unterdurchschnittliche Quoten, weil andernorts schneller geimpft wird.

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Als „weitgehend abgeschlossen“ stuft die Gipfelerklärung den Schutz der über 80-Jährigen und der Impfungen in den Pflegeheimen ein. Aus diesen Gruppen seien bisher 70 Prozent der Corona-Toten gekommen. Bei den über 70-Jährigen hätten inzwischen zumindest zwei Dritteln die Erstimpfung.

Das gelte auch für die Prioritätsgruppen der Personen mit Vorerkrankungen und die Menschen, die berufsbedingt besonderen Risiken ausgesetzt seien. Deshalb könnten ab kommenden Montag alle über 60-Jährigen einen Impftermin vereinbaren. Zu dieser Altersgruppe 60 bis 69 gehören 1,4 Millionen Baden-Württemberger. Als zusätzliche Risikogruppe werden Feuerwehrleute einbezogen, die als Ersthelfer viele Kontakte zu Patienten und Verletzten haben.

Schönt Lucha die Zahlen?

SPD-Gesundheitsexperte Rainer Hinderer bezweifelt Luchas Erfolgsbilanz. Er wirft dem Grünen-Politiker vor, mit „geschönten Zahlen für ältere Geimpfte zu operieren“. In Baden-Württemberg würden rund 1,7 Millionen Menschen über 70 Jahren leben. Gleichzeitig gebe das Landesgesundheitsamt die Zahl der Erstimpfungen mit 786.000 Personen an. Da könne nur ein Bruchteil der Älteren geimpft sein.

Neue Aufgaben für Impfteams

Neue Aufgaben bekommen die mobilen Impfteams, nachdem ihre Einsätze in den Pflegeheimen weitgehend abgeschlossen sind. Sie können nun verstärkt in Förderstätten für Behinderte, in Einrichtungen der Psychiatrie und Dialysezentren impfen. Das Sozialministerium hat nach Luchas Angaben dazu einen Leitfaden erstellt.

Bei den beteiligten Verbänden gibt es für den Impfgipfel viel Lob. „Wir haben jetzt eine gute Basis für die Kooperation“, erklärt Städtetagspräsident Peter Kurz nach dem zweistündigen Online-Austausch. Er begrüßt besonders, dass Stadt- und Landkreise künftig regionale Corona-Daten bekommen. Gemeinderatspräsident Steffen Jäger sind besonders die Vor-Ort-Einsätze der mobilen Impfteams wichtig. Lucha bleibt vorsichtig: „Unser Ziel ist, bis zum Herbst jedem Erwachsenen in Baden-Württemberg ein Impfangebot zu machen.“