Das seit Sonntag in Bingen zunächst vermisste Mädchen wurde am Dienstag diese Woche tot aus einem Fluss geborgen. Laut Obduktion ist es ertrunken. Gegen die Mutter der Zweijährigen wird nun wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.

Hinweise auf eine Fremdbeteiligung am Tod des Kindes gibt es laut der Gerichtsmedizin bislang nicht. Jedoch bestehe der Verdacht, dass die Mutter der Zweijährigen ihre Aufsichtspflicht verletzt habe, wie Staatsanwalt Ronny Stengel jüngst mitteilte. Ob und inwieweit sich die Frau schuldig gemacht hat, sollen weitere Ermittlungen klären.

Vorwurf der fahrlässigen Tötung steht im Raum

Die Staatsanwaltschaft müsse in solchen Fällen jedem Anfangsverdacht nachgehen, erklärt Stengel weiter. Dazu verpflichte das Gesetz. „Wenn wir davon ausgehen, dass das Kind allein zum Fluss gegangen und dort ertrunken ist, hätte die Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt“ – und sich somit der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht.

Ronny Stengel ist Erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Hechingen.
Ronny Stengel ist Erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Hechingen. | Bild: CDU Stadtverband Hechingen

Gegen den Vater bestehe zum aktuellen Zeitpunkt kein Verdacht, so der Staatsanwalt. Er sei zum Zeitpunkt des Verschwindens des Mädchens nicht zu Hause gewesen.

Nach Angaben der Eltern hatte das Kind das Haus in Bingen-Hitzkofen am Nachmittag des 17. Dezember zwischen 16 und 17 Uhr verlassen. Hunderte Einsatzkräfte hatten daraufhin nach der Zweijährigen gesucht. Mit Hunden, Booten und einem Hubschrauber. Am 19. Dezember fanden Taucher ihren Leichnam in der Lauchert, einem Nebenfluss der Donau.

Einsatzkräfte der Spurensicherung haben im Haus der Familie Spuren gesichert.
Einsatzkräfte der Spurensicherung haben im Haus der Familie Spuren gesichert. | Bild: Christoph Schmidt/dpa

Ein Detail warf nach der Bergung des toten Mädchens Fragen auf. Angehörige hatten zunächst angegeben, dass die Zweijährige bei ihrem Verschwinden nur mit einem Schlafanzug bekleidet war. Als die Beamten sie fanden, war sie hingegen vollständig angezogen. Sie habe Alltagskleidung und Turnschuhe getragen, sagt Staatsanwalt Stengel.

Wie es dazu kam, soll in weiteren Ermittlungen aufgeklärt werden. Insbesondere müsse man jedoch herausfinden, wann und wie das Mädchen zum Fluss gekommen war, heißt es weiter.

Das mögliche Strafmaß ist ungewiss

Was auf die Mutter zukommen könnte, sollte sich der Verdacht gegen sie betätigen, diese Frage kann der Staatsanwalt pauschal nicht beantworten. „Das Gesetz sieht eine Geld- oder Freiheitsstrafe bis fünf Jahre vor“, so Stengel.

Sollte sich aber herausstellen, dass es ein tragischer Unglücksfall war – bei dem die Verletzung der Aufsichtspflicht nur eine untergeordnete Rolle spiele –, könne von einer Strafe auch gänzlich abgesehen werden. Ronny Stengel: „Durch den Tod des Kindes ist die Mutter schon gestraft genug.“

Das ist nicht etwa die subjektive Einschätzung des Staatsanwalts, sondern festgeschrieben in Paragraf 60 des Strafgesetzbuchs: „Das Gericht sieht von Strafe ab, wenn die Folgen der Tat, die den Täter getroffen haben, so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre.“

Bei der Gemeinde Bingen – hier Bürgermeister Jochen Fetzer – sind etliche Spenden für die Familie eingegangen, die ihre ...
Bei der Gemeinde Bingen – hier Bürgermeister Jochen Fetzer – sind etliche Spenden für die Familie eingegangen, die ihre Tochter verloren hat. | Bild: Christoph Schmidt/dpa

Der Tod des kleinen Mädchens war deutschlandweit in den Schlagzeilen. Bestürzung und Anteilnahme sind riesig, nicht nur in Bingen. Zahlreiche Menschen hätten sich sogar bei der Gemeinde gemeldet, wie Kämmerer Robert Kromer erzählt. Wohl mit dem Bedürfnis, die Familie zu unterstützen, wenn auch nur mit einer kleinen Spende. „Auch aus dem weiteren Umkreis kamen Anfragen mit: Wie können wir helfen?“, sagt er.

Schließlich habe man die Möglichkeit geschaffen, Geld auf das Konto der Gemeinde zu spenden. Zwischen 40 und 60 Einzelspenden seien dort unterdessen eingegangen, schätzt Kromer. Nach Weihnachten soll das Geld an die Familie des verstorbenen Mädchens ausgezahlt werden.