Deutschland geht weitere Wochen in den Lockdown. Es ist insbesondere die Gefahr durch die Virusmutanten, die Bund und Länder leiten, die bestehenden Regeln weitgehend bis 7. März zu verlängern. Für Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wäre bei einer Ausbreitung der aufgetretenen Varianten in den Nachbarländern Corona-Grenzkontrollen nicht mehr ausgeschlossen.
Entsprechende Andeutungen Kretschmanns am Tag nach der Verlängerung des Lockdowns dürften Familien, Grenzgänger und Firmen in Anspannung versetzen.
Was hat Kretschmann gesagt?
Sollten sich die erstmals in Großbritannien und Südafrika aufgetretenen Corona-Mutationen immer stärker ausbreiten, „kann das natürlich im Extremfall auch zu Grenzschließungen führen“, sagte der Ministerpräsident am Donnerstag im Stuttgarter Landtag.

Man wolle sie aber „natürlich vermeiden“, schob der Grünen-Politiker nach. Sollte sich insbesondere die so genannte Südafrika-Variante weiter ausbreiten, könne sich an dieser bestehenden Meinung allerdings auch etwas ändern.
Folgen für Grenzgänger bei einer Heraufstufung der Schweiz
Um welches Nachbarland geht es dabei?
Offenbar rückt dabei vor allem Frankreich und weniger die Schweiz in den Fokus, da Kretschmann ebenfalls ankündigte, sich wegen der französischen Grenze mit den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland absprechen wolle. Was die Schweiz angeht, hatten regionale Vertreter aus Politik, Wirtschaft und dem gesellschaftlichen Leben beiderseits der Grenze zuletzt stets vor den Folgen einer neuerlichen Grenzschließung nach dem Frühjahr 2020 gewarnt.
Wer entscheidet über Verschärfung an der Grenze?
Nun kann Baden-Württembergs Regierungschef noch so viel befürchten und vermeiden wollen – über Grenzschließungen entscheidet der Bund, genauer gesagt das Gesundheits-, Innen- und Außenministerium in einer gemeinsamen Analyse. Die Bundesregierung erwägt nach SÜDKURIER-Informationen zumindest bei der Schweiz keine Einstufung zu einem Hochriksiko- oder Virusvariantengebiet.
Ob dies „kurz- oder mittelfristig passiert hängt von der Lageentwicklung in der Schweiz und Deutschland ab“, erklärt ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums auf Anfrage und ergänzt: „Zum jetzigen Zeitpunkt kann das nicht beurteilt werden.“ In der Schweiz liegt die Inzidenz bei 112, in Frankreich bei 202, in Deutschland bei 71 (Stand jeweils: 11. Februar).
Wie wirken sich die Mutationen in der Schweiz auf die Entscheidung aus?
Gleichzeitig meldet die Schweiz seit Wochen steigende Fallzahlen an nachgewiesenen Mutationen. Bis 10. Februar waren es knapp 4800 – zum Vergleich: Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte am Freitag davor über 1800 Mutations-Nachweise in Deutschland berichtet. Diese Situation werde gemeinsam mit den weiteren Ministerien und dem RKI derzeit analysiert, erklärt der Sprecher des Gesundheitsministerium, „das jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch keine detaillierte Interpretation geben kann“.
Mit der Schweiz sei die Bundesregierung gleichwohl „über diverse Kanäle eng im Austausch und informiert regelmäßig über potenzielle Änderungen“. Ebenso wie in der Kommunikation mit Frankreich werden dabei die Folgen von Corona-Maßnahmen für „Belange des Grenzraums“ berücksichtigt, so der Ministeriumssprecher ergänzend.

Was hat Kretschmann zu seiner Aussage veranlasst?
Eine Sprecherin des baden-württembergischen Staatsministeriums ordnet Winfried Kretschmanns Andeutung ein: Bei den Virusmutanten handle es sich um eine „zusätzliche, schwer kontrollierbare Variable im Infektionsgeschehen, die leider an Grenzen nicht Halt macht“. Oberstes Ziel sei es, die Ausbreitung zu kontrollieren. „Deshalb können bei einer weiteren Verbreitung auch zeitweise Grenzschließungen nicht ausgeschlossen werden“, erläutert die Sprecherin.
Die Lage in einigen Orten in Bayern beziehungsweise Sachsen zeige, dass dort „vor allem noch deshalb höchste Inzidenzen herrschen“, weil das Virus aus den Nachbarländern Tirol beziehungsweise Tschechien eingetragen werde. Die Auswirkung dieses Effekts sei umso höher, je niedriger die Inzidenz im Inland sei, so die Sprecherin des Staatsministeriums.