Bislang war Veringenstadt im Kreis Sigmaringen wohl eher Wanderern bekannt, die den Hohenzollernweg oder dem Jakobsweg folgen. Nur etwa 2200 Einwohner zählt die beschauliche kleine Stadt auf der Schwäbischen Alb, die jetzt landesweit in die Schlagzeilen gerät. Denn hier regiert seit kurzem der jüngste Bürgermeister Baden-Württembergs. Maik Rautenberg, Verwaltungsfachangestellter, zieht mit 25 Jahren in das älteste Rathaus Hohenzollerns ein, das um 1500 errichtet wurde.
Heute begegnen sich hier moderne Metallstrukturen und restauriertes Fachwerk. Neues Leben im alten Gemäuer also – auf allen Ebenen. „Alter ist kein Hindernis“, sagt Rautenberg selbst, der mit Jeans und Sakko in seinem Büro empfängt. Am 1. April hat er sein neues Amt angetreten, es ist sein dritter Arbeitstag. Das Büro wirkt noch ein wenig kahl, nichts Persönliches hat bislang den Weg an seinen neuen Arbeitsplatz gefunden.

Schnelle Karriere
Bei Rautenberg geht es ohnehin Schlag auf Schlag: Im vergangenen Jahr heiratete er seine Frau, kurz darauf zogen die beiden ins frisch gebaute Haus ein, Hund inklusive. Noch vor wenigen Monaten war Rautenberg Sekretär – von Stefan Bubeck, Bürgermeister von Mengen.
Jetzt ist er selbst in die Riege der Amtsträger aufgestiegen. Fünf Jahre hatte der parteilose Rautenberg für Bubeck gearbeitet: „Die Stelle habe ich ganz bewusst ausgewählt, um Einblicke zu bekommen und die Abläufe in der Ortsverwaltung kennenzulernen“, erklärt er.
Dass er selbst Bürgermeister werden wollte, war für ihn schon in der Ausbildung klar. „Ich will nachhaltig etwas gestalten, Dinge bewegen“, erklärt er seine Motivation. Dass man als Bürgermeister wenig Privatleben und auch Verpflichtungen am Wochenende in Kauf nehmen muss, schreckt ihn nicht ab.

Dass er nun Bürgermeister in Veringenstadt wurde, war für Rautenberg eher Zufall. Vorgänger Armin Christ kündigte nach fast 19 Jahren im Amt 2021 seinen vorzeitigen Rückzug aus dem Amt an. Rautenberg nutzte die Chance und kandidierte, statt seinen ursprünglichen Plan umzusetzen, sich noch zum Fachwirt weiterzubilden.
Rautenberg besuchte nach eigenen Angaben jeden einzelnen der über 900 Haushalte im Ort. „Ich wollte wissen, was die Leute hier bewegt“, sagt er über seinen Wahlkampf. Damit hat er offenbar viele von sich überzeugt. Im ersten Wahlgang wurde er im Januar mit mehr als 67 Prozent gewählt, setzte sich dabei gegen einen ehemaligen stellvertretenden Bürgermeister des Ortes und einem Anwalt durch, beide deutlich älter als er. Dabei stammt Rautenberg nicht aus Veringenstadt, lebt in der Nachbargemeinde Langenenslingen.
Pläne hat er schon für die Stadt, die hoch verschuldet ist. Die bisherige Haushaltssperre ist immerhin aufgehoben, aber es gibt noch genug zu tun, um den Haushalt zu konsolidieren. Kommunale Projekte will er trotzdem vorantreiben, Baugebiete ausweisen und die Digitalisierung vorantreiben.
Schon jetzt beliebt
Im Dorf sind die Menschen jedenfalls angetan von dem 25-Jährigen. „Man muss jungen Leuten eine Chance geben“, sagt Bianca Feil, die das Café direkt neben dem historischen Rathaus betreibt. Zudem habe er ja vorher „einen Chef gehabt, bei dem er gesehen hat, wie es geht“, so Feil. Ihr ist wichtig, dass der sich zaghaft entwickelnde Tourismus in Veringenstadt weiter gefördert werde, der ihr ein paar Übernachtungsgäste in die Pension bringt.
Franz Braun, ein älterer Mann, der gerade aus einem Laden kommt, hat ihn auch gewählt. Er erwartet von Rautenberg, dass er die maroden Finanzen der Stadt wieder ausgleicht. „Aber leicht wird das nicht“, sagt er, der Gemeinderat sei oft zerstritten.
Für Jasmin Müller, die gerade ihr Kind von der Schule abholen will, zählt etwas anderes: „Für mich als Mutter war klar: Auch Jüngere haben eine Chance verdient, meine Kinder wollen später ja auch einmal eine bekommen“, erklärt sie.

Hofladenbesitzer Roland Fink hat ganz konkrete Erwartungen an den neuen Bürgermeister. Seine Wahl sei nach einer Befragung der drei Kandidaten auf Rautenberg gefallen – der habe die besten Antworten gegeben. „Er ist jung, also hat er sicher auch neue Ideen, wie man die Stadt vorwärts bringen kann“, ergänzt er.
Rautenberg selbst kann sich vorstellen, länger im Amt zu bleiben, „wenn die Bürger das möchten“. In die große Politik aber will der 25-Jährige offenbar nicht. Neutralität sei ihm wichtig, er will parteipolitisch ungebunden bleiben, sagt er. Pläne für seine berufliche Zukunft hat er noch keine geschmiedet. Nun liegen ja auch erst einmal acht Jahre Amtszeit vor ihm. Und Aufgaben genug.