Wohin geht Georg Gänswein? Diese Frage treibt nicht nur viele Katholiken dies- und jenseits der Alpen um. Die Beantwortung der Frage drängt allmählich. Seit dem Tod seines letzten Dienstherrn, Papst Benedikt XVI. ist der Mann aus dem südlichen Schwarzwald ohne Anschlussverwendung.
Insgesamt drei Privataudienzen lang saß er seit dem Tod von Benedikt mit Papst Franziskus zusammen, ohne dass eine neue Stelle für den bekannten Erzbischof gefunden worden wäre. Doch nun ist Weißer Rauch in Sicht: In der kommenden Woche sei eine Entscheidung greifbar, heißt es aus gut unterrichteten deutschen Kirchenkreisen.
Hinweise auf Rückkehr von Gänswein nach Freiburg
Einiges deutet auf eine Rückkehr von Titularerzbischof Gänswein nach Freiburg hin. Einmal hat ihm der Papst nahegelegt, dass sein Platz nicht mehr am Vatikan sein könne, sondern in Deutschland; Franziskus berief sich dabei auf die Tradition, wonach die Privatsekretäre nach dem Tod des Dienstherrn in ihre Heimat zurückgehen, weil dann ihr Mandat in Rom abgelaufen ist. Dazu schien es zu passen, dass Georg Gänswein zwei Messen in Freiburger Münster hielt.
Gespräche mit den Verantwortlichen der Erzdiözese führte er aber nicht. „Bei mir war er nicht“, berichten Abteilungsleiter im Ordinariat einhellig. „Mit mir hat er nicht über Wohnung oder Einsatz gesprochen“, sagt Michael Hauser, Personalchef der Erzdiözese. Gänswein war in Sachen Selbstmarketing unterwegs, er warb für sein Buch „Nichts als die Wahrheit“. Mancher Geistliche am Münster wunderte sich dann aber doch, dass der Monsignore die Messe im Münster feiert, ohne seine alten Kontakte in seine Studienstadt zu aktivieren.
Gänswein untersteht nur dem Papst
Rein rechtlich ist der 66-Jährige dazu nicht verpflichtet. Als gewöhnlicher Priester gehörte er zum Klerus des Erzbistums. Die Zugehörigkeit zu seiner bestimmten Bistum wird als Inkardination bezeichnet, die für Gänswein auch dann galt, als er bereits in Rom war und für Kardinal Ratzinger arbeitete.
Auch in Rom firmierte der Erzbischof von Freiburg formell als Vorgesetzter. Mit seiner Beförderung und Weihe zum Erzbischof änderte sich der rechtliche Status: Seitdem (seit 2012) untersteht er nur dem Papst; in Freiburg kann ihm also niemand mehr eine Weisung erteilen.
Auf dem Papier ist steht er auf derselben Stufe wie Stephan Burger, beide sind Erzbischöfe, wenn auch mit einem gewaltigen Unterschied: Gänswein ist es lediglich dem Titel nach, ihm ist keine Diözese anvertraut mit 1,8 Millionen Gläubigen. Ein zweiter Erzbischof in und für Freiburg wäre einer zu viel. So lautet die Meinung der meisten Eingeweihten, auch wenn sie es nicht so direkt sagen. Ein Erzbischof als einfacher Pfarrer, das sei schwierig, meinen Kenner.
Ruhestand erst mit 70 Jahren
Katholische Priester werden in der Regel im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand versetzt. Georg Gänswein hat also noch einige aktive Jahre vor sich. Auch eine Karriere an einer Hochschule in Rom wird nicht ausgeschlossen; als Kirchenrechtler genießt der Ex-Privatsekretär einen guten Ruf.
Die Hochschulen in der Hauptstadt liegen nicht auf dem Gebiet des Vatikanstaats, sondern auf italienischem Territorium. Bei dieser Lösung würde er der päpstlichen Empfehlung folgen, den Vatikan zu verlassen – und müsste nicht nach Deutschland zurück.