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Die jahrelange blutige Fehde von zwei gewaltbereiten multiethnischen Gruppen aus dem Stuttgarter Raum wird Stück für Stück von der Justiz aufgearbeitet. Nun ist Anklage erhoben worden gegen einen 26-Jährigen, der vor knapp einem halben Jahr im Stuttgarter Stadtteil Möhringen auf einen ein Jahr älteren Rivalen geschossen haben soll. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor allem versuchten Mord vor.

«Die angeklagte Tat steht nach den durchgeführten Ermittlungen im Zusammenhang mit den gewalttätigen Auseinandersetzungen zweier multiethnischer Gruppierungen im Großraum Stuttgart», sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Der mutmaßliche Schütze gehöre der Gruppierung Esslingen an, das Opfer stehe hingegen der Bande aus Zuffenhausen nahe. Der Schuss soll gezielt mit einer vollautomatischen Schusswaffe abgegeben worden sein. Der Tatort: ein Imbiss, der zu dieser Zeit umgebaut wurde.

Gewaltserie seit fast drei Jahren

Die Fehde erschüttert die Region Stuttgart bereits seit Mitte 2022. Eine der Gruppen stammt aus Esslingen und Ludwigsburg, die andere aus Göppingen und Stuttgart-Zuffenhausen. Zuletzt hatte die Zahl der zumeist blutigen Zwischenfälle abgenommen. Der bisherige Höhepunkt der Fehde war der Anschlag mit einer Handgranate auf eine Trauergemeinde in Altbach (Kreis Esslingen) im Juni 2023. Immer wieder fielen zudem Schüsse - auch in Möhringen. 

Gruppen sind keine Familienclans

Nach früheren Angaben des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg handelt es sich bei den verfeindeten Gruppen nicht um Familienclans oder um klassische Banden, sondern um ein neues Phänomen. Es gehe um territoriale Machtansprüche und das Motto «crime as a lifestyle» («Verbrechen als Lebensstil»), mit dem sich viele identifizierten. Die Gewalt eskaliere zumeist nach wechselseitigen «Ehrverletzungen». 

Den Gruppen gehören nach früheren LKA-Schätzungen mehr als 500 meist junge Menschen als Unterstützer, Mitläufer oder auch Führungspersonal an. Es wurden bereits mehr als 90 vor allem junge Menschen festgenommen und über 100 Waffen sichergestellt worden. Einzelne Täter sind bereits verurteilt worden. Insgesamt stehen laut Innenministerium 120 Jahre Gefängnis zu Buche.