Mit einem Allradauto schaukelt Markus Kaiser (59) über Feldwege den steilen Hang hinauf zur Kuhweide. Zwischen bunten Sommerblumen grasen seine Rinder, blicken auf, als sie das Fahrzeug erspähen und rennen auf ihn zu.

„Die freuen sich jedes Mal, wenn sie mich sehen“, sagt er, steigt aus und lässt stolz den Blick über seine Tiere schweifen. Jeden Tag legt er 20 Kilometer zurück, um bei seinen 270 Rindern nach dem Rechten zu sehen.

Kaiser ist Bio-Landwirt und betreibt seit 1988 den Goldbachhof in Bernau in dritter Generation. Zudem ist er Mitinitiator und Vorstand der Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind. 1993 haben sich Dutzende Viehbetriebe der Region zusammengeschlossen, um das Fleisch glücklich grasender Kühe gemeinsam zu vermarkten.

Aus einer Idee ist eine Großgenossenschaft mit 180 Mitgliedern geworden: „Wir produzieren mittlerweile alleine für Edeka Südwest rund 570.000 Kilo Fleisch pro Jahr – und die Handelsgruppe nimmt uns 1900 ganze Tiere ab, das ist Wertschätzung für dieses wertvolle Gut von der Weide bis zum Teller!“

„Ackerbau ist hier kaum möglich“

Kaisers Weiden liegen auf 950 bis 1400 Metern. „Ackerbau ist hier kaum möglich. Die Tiere pflegen die Naturwiesen – damit bewahren wir ein Stück Heimat und Schwarzwald-Tradition“, sagt er. Zwischen April und Anfang November grasen die Rinder draußen, dann geht es in den Freilaufstall.

Jährlich ernennt Baden-Württemberg einen Genussbotschafter. 2020 durfte sich Markus Kaiser über den Titel freuen. Die Begründung der Jury: Er sei ein „besonderer Beförderer regionaler Wertschöpfungsketten.“ Das stärke den Erhalt der Kultur- und Naturlandschaft und fördere die Artenvielfalt.

Die ganze Region entwickelt sich mit

Und die ganze Region entwickelt sich mit: Die Schlachthäuser in Freiburg und Waldshut haben aufgrund der gestiegenen Mengen der Erzeugergemeinschaft extra modernisiert, erfüllen heute die höchstmöglichen Tierwohl-Standards.

Wolf bringt neue Aufgaben

Haupterwerbs-Landwirte werden immer seltener. Auch die Rückkehr der Wölfe in den Südschwarzwald ist ein Grund dafür. Acht Rinder hat Kaiser seit 2023 durch Wolfsrisse verloren. Was ihn ärgert: „Nach Rissen zerreißen sich die Leute das Maul, sagen: ‚Ihr haltet die Tiere ja eh nur zum Schlachten‘“, so Kaiser.

Jeden Tag legt Markus Kaiser 20 Kilometer zurück, um bei seinen 270 Rindern nach dem Rechten zu sehen.
Jeden Tag legt Markus Kaiser 20 Kilometer zurück, um bei seinen 270 Rindern nach dem Rechten zu sehen. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Nach jedem Wolfsriss brauche aber nicht nur die Herde mehrere Wochen, um wieder zur Ruhe zu kommen. „Auch ich habe nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden. Mir tut das weh, und ich muss es auch verarbeiten!“ Er fügt hinzu: „Viele Bauern sagen, wenn ihnen ein Wolfsriss passiert, hören sie auf!“

Schutzkonzepte für die Herden erstellt

Um das zu verhindern – und die Viehhaltung im Schwarzwald auch in Zukunft möglich zu machen, hat Markus Kaiser sein Engagement ausgeweitet und Vertreter von Landwirtschaft, Naturpark Südschwarzwald und Landesministerien an einen Tisch gebracht. Gemeinsam entwickeln sie Herdenschutzkonzepte und sorgen schwarzwaldweit für Austausch und Aufklärung. Kaisers Hof ist einer von 15 Pilotprojekt-Höfen im Land, der Schutzkonzepte vier Jahre lang in der Praxis testet.

Markus Kaisers Weiden liegen auf 950 bis 1400 Metern.
Markus Kaisers Weiden liegen auf 950 bis 1400 Metern. | Bild: Sira Huwiler-Flamm

Dazu gehören elektrische Zäunen trotz Skipisten und Wanderrouten, die über die riesigen Weiden führen, die Überwachung des Herdenverhaltens mit GPS-Trackern und die Zuführung von Alltieren, die die Herde beruhigen und zusammenschweißen sollen.

„Wir müssen herausfinden, welche Konzepte unsere Zukunft sichern“, sagt Kaiser, „ab 2027 verkaufen wir Edeka nämlich 2500 Tiere pro Jahr – und dafür brauchen wir genügend Höfe, die weitermachen und die Tradition pflegen!“