Ministrantinnen sind heute selbstverständlich. 53 Prozent der Helfer im Altarraum werden heute von Mädchen gestellt, hat die deutsche Bischofskonferenz einmal ausgerechnet. Keine Frage: Ohne die Mädchen, die sich nach ihrer Erstkommunion als liturgische Assistentinnen melden, würde etwas fehlen.
Nicht verboten, teilweise unerwünscht
Dabei wirkten sie über Jahrzehnte hinweg in einer kirchenrechtlichen Grauzone: Ministrantinnen waren zwar nicht ausdrücklich verboten, aber in einigen Pfarreien auch nicht erwünscht – und vom Papst mehr geduldet als gefördert. Es hing von der Genehmigung durch den jeweiligen Bischof ab, ob Mädchen und junge Frauen in der unmittelbaren Umgebung des Priesters wirken durften.
Diesen Schwebezustand hat der Vatikan jetzt aufgehoben. Er bestätigt eindeutig, dass Frauen als Lektorin (Vorleserin), Kommunionshelferin oder eben Ministrantin arbeiten dürfen, und zwar ohne zeitliche Befristung. Gleichzeitig hält Papst Franziskus daran fest, dass Frauen für Weiheämter wie Diakon oder Priester nicht in Frage kommen. Ministrantin und Lektorin ja, Priesterin nein.
Es gab hitzige Diskussionen
In den Sakristeien hatte das Thema immer wieder zu heftigen Diskussionen geführt. Mancher Pfarrer vom alten Schlag sperrte sich aus prinzipiellen Gründen gegen die Mädchen. Die Argumente muten – aus heutiger Sicht – merkwürdig an: Mädchen würden die Jungen von ihrem Dienst ablenken, so hieß es. Sie würden Unruhe in die Herde hineintragen.
Auch die Tatsche, dass sich Teenager gelegentlich schminken und mit offenen langen Haaren zum Dienst melden, schmeckte nicht allen. Kardinal Joachim Meisner aus Köln brachte diese Haltung auf den Punkt, als er abschätzig von „Pullimädchen“ sprach. Zu seiner Amtszeit als Erzbischof (1987 bis 2014) durften nur Jungen im Kölner Dom ministrieren.
Im Süden ist man schon lange liberal
In den Bistümern Freiburg und Rottenburg ging es liberaler zu. Die ersten Mädchen schlüpften bereits in den 80er Jahren in das lange weiße Gewand. Sehr schnell wurde deutlich, dass sie ihre Aufgabe genau so gut wie die Knaben verrichten. Die Jungen wiederum flüchteten nicht aus den Sakristeien, als die ersten blonden Zöpfe dort auftauchten. Genau dieses war von einigen Geistlichen befürchtet worden; sie hatten gewarnt, dass die Buben fortbleiben, sobald waren. Eher das Gegenteil trat an: Manche spätere Ehe hatte ihre ersten zaghaften Anfänge in der Mini-Gruppe.
Die Sorgen der Pfarrer, die Mädchen ablehnten, hatte einen ernsten Hintergrund: Viele spätere Priester kamen aus der Schar der Ministranten. Die Seelsorger fürchteten, dass Ministrantinnen diese Lebensläufe stören könnten. Tatsächlich ist die Zahl der Berufungen für die geistliche Laufbahn zurückgegangen. Doch wird heute niemand mehr Ministrantinnen dafür verantwortlich machen.