Eigentlich wollte er am Samstag, 28. Juni, zum nächsten „Out of the Ordinary“-Konzert in die Konstanzer Stiftskirche St. Johann einladen, doch das Leben hatte andere Pläne. Das schrieb der Saxofonist und Konzert-Kurator Jonathan Chazan in einer E-Mail an den SÜDKURIER.

Denn aktuell sitzt Chazan in Israel fest. Als der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eskalierte, war Chazan mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern auf Verwandtenbesuch, sagt er. Der in Buenos Aires geborene und in Israel aufgewachsene Musiker lebt seit 2020 in Konstanz – dort hat er seine Konzertreihe auf den Weg gebracht, die renommierten Musikern aus aller Welt eine Bühne geben soll.

Saxofonist Jonathan Chazan kuratiert die Konzertreihe „Out of the Ordninary“ in St. Johann in Konstanz. Das nächste Konzert muss aber ...
Saxofonist Jonathan Chazan kuratiert die Konzertreihe „Out of the Ordninary“ in St. Johann in Konstanz. Das nächste Konzert muss aber verschoben werden. | Bild: Isabella Sharvadze

Ihm und seiner Familie gehe es aber gut, sagt er auf Nachfrage des SÜDKURIER. Als Israel den Iran am 13. Juni angegriffen hat, sei ein nationaler Luftalarm ausgelöst worden. Angst habe er und seine Familie gehabt, „auch waren wir sehr genervt, wir waren erst seit weniger als 24 Stunden da“, sagt Chazan.

Zwar fühle man sich sicher, aber nicht so, wie man das in Konstanz vielleicht denken mag. Das Leben in Israel komme auch in Kriegszeiten nicht zum Stehen, berichtet er, „es ist ein bisschen so, wie zum Höhepunkt der Covid-Pandemie“, sagt der Saxofonist. „Die wichtigsten Bereiche funktionieren weiterhin so gut es geht und alle Sektoren bemühen sich, Routinen zu etablieren, um möglichst viel Normalität aufrechtzuerhalten, aber das gelingt nur bedingt.“

Der Schulunterricht sei etwa komplett eingestellt worden. Schüler müssten auf Online-Unterricht zurückgreifen. Die generelle Stimmung im Land könne er als Besucher nicht vollständig beurteilen – es komme ihm aber so vor, als seien die Menschen in Israel „extrem müde“ von den andauernden Konflikten und Kämpfen im Land, die seit Oktober 2023 andauern, als die Terrororganisation Hamas einen Überraschungsangriff auf Israel ausübte.

Diese Kämpfe folgten laut Chazan auf eine eh schon lange Phase voller politischer Auseinandersetzungen nach der Covid-Pandemie und auf eine „tief sitzende Unruhe im Zusammenhang mit Benjamin Netanyahus Korruptions- und Gerichtsverfahren.“

Auf die Frage, wie er zum Angriff Israels auf den Iran steht, sagt er: „Aus politischer Überzeugung habe ich mich dazu entschieden, mich soweit wie möglich von Gewalt und der Faszination daran fernzuhalten und lieber die Dinge zu fördern, die mir am Herzen liegen.“

Musik aus dem Luftschutzraum

Ein bis viermal am Tag gehe der Luftalarm los, sagt Chazan. Innerhalb der nächsten zehn bis 30 Minuten suche er, seine Frau, die Kinder und seine Eltern dann den Luftschutzraum auf, dort warte man etwa zwischen 30 und 45 Minuten, bis der Alarm verstummt ist. „Man kann zusammenwachsen, indem man gemeinsam Ski fährt oder im See schwimmt – aber auch, wenn man in einem Schutzraum schweigt“, so der Musiker.

Auch anderweitig nutzt Chazan seine Zeit im Bunker: mit Saxofon spielen, samt eines improvisierten Notenständers in Form eines blauen Eimers. „Üben unter Raketenbeschuss“ nennt Chazan das.

Immerhin gibt es für sein Konzert in Konstanz bereits einen Nachholtermin: Das soll am 13. Juli um 19 Uhr stattfinden. Man hoffe, dass das Reiseverbot seitens Israel schnell aufgehoben werde. Nach aktuellen Medienberichten hat Israel den Luftraum für Flugverkehr mittlerweile auch wieder freigegeben, Chazan sagt aber, dass nur ein paar wenige Flüge für heimkehrende Bürger erlaubt sind. Trotzdem dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis Jonathan Chazan mit seiner Familie in die Stadt am Bodensee zurückkehren kann.